Nachfolgend ein Beitrag vom 26.2.2018 von Cranshaw, jurisPR-InsR 4/2018 Anm. 1

Leitsätze

1. Behält sich eine Kommanditgesellschaft die erneute Einforderung der an einen Kommanditisten zurückgezahlten Einlage vor, indem sie den Zahlungsvorgang ungeachtet des Fehlens darlehenstypischer Regelungen, insbesondere zur Verzinsung, als Darlehensgewährung bezeichnet, so stellt sich die spätere Rückzahlung des vermeintlichen Darlehens als erneute Einzahlung der Einlage dar.
2. Ein Kommanditist, der seine Einlage durch eine Zahlung an die Gesellschaft wieder auffüllt, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, erlangt durch diesen Vorgang keinen Ersatzanspruch aus § 110 Abs. 1 HGB, der im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden kann.

A. Problemstellung

I. In der Praxis gerade der Publikumskommanditgesellschaften als Kapitalanlage- bzw. Fondsgesellschaften kommt es häufig vor, dass die Anleger als Kommanditisten (oder als über einen Treuhandkommanditisten beteiligte mittelbare Kommanditisten) die von ihnen übernommene Hafteinlage ganz oder teilweise zurückerhalten. Der Grund liegt in der Struktur solcher Anlagegesellschaftern begründet, die den Anlegern kontinuierliche jährliche Ausschüttungen während der projektierten Laufzeit des Fonds (Immobilien, Schiffe, Flugzeuge, Infrastrukturen usw.) zusagen und die Ausschüttungen entsprechend dem Anlageprospekt aus dem Jahresgewinn der Kommanditgesellschaft vornehmen, mangels eines solchen aber auch nur aus der Liquidität der Gesellschaft, solange diese hinreicht. In der Krise der Gesellschaft wird meist Rückzahlung zur Wiederauffüllung des Haftkapitals durch die Anleger im Innenverhältnis zur Gesellschaft durch diese gefordert. Es spielt dabei wirtschaftlich freilich keine Rolle, ob die Rückforderung auf das Innenverhältnis zur Gesellschaft gestützt wird oder ob ein Gesellschaftsgläubiger die Außenhaftung gemäß § 172 Abs. 1, Abs. 4 HGB geltend macht, denn die Außenhaftung fällt weg, sobald der Anleger an die Gesellschaft bezahlt hat (vgl. § 171 Abs. 1 Satz 2 HGB). Es ist auch ohne Belang, ob die Beteiligung des Anlegers unmittelbar oder mittelbar (vgl. o.) strukturiert ist. Der Treuhandkommanditist als im Außen- und Innenverhältnis zur Leistung der Einlage Verpflichteter reicht die Haftung an den wirtschaftlich das volle Beteiligungsrisiko tragenden Anleger aufgrund entsprechender und miteinander verzahnter Regelungen im Treuhandvertrag mit jedem Anleger und im Gesellschaftsvertrag der KG weiter. Die Außenhaftung richtet sich gegen den Anleger im Umfang seiner Haftsumme. Im Innenverhältnis bzw. im Rechnungswesen der Fondsgesellschaft wird der vorstehend umrissene Sachverhalt auf den Gesellschafterkonten abgebildet, die in praxi in Abweichung vom HGB organisiert werden (vgl. zur Gesetzeslage die §§ 167 bis 169, 120 HGB); beispielsweise kann die Auszahlung aus der Liquidität als Darlehen durch die Kommanditgesellschaft an den Anleger gebucht und bezeichnet werden, entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag vorausgesetzt. Zahlt der Gesellschafter die dergestalt bezeichneten Beträge an die Gesellschaft in der Krise zurück und gerät diese dann (dennoch) in die Insolvenz, ist zu fragen, ob die zurückgezahlten „Darlehensbeträge“, die in Wahrheit aber unter § 172 Abs. 4 HGB zu subsumieren sind, gleichwohl einen Anspruch des Anlegers beispielsweise gemäß § 110 HGB gegen die Gesellschaft generieren und daher in der Insolvenz der Fondsgesellschaft als Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO angemeldet werden können.
II. Im Umfeld der vorstehend umrissenen Problemfelder ist auch die Besprechungsentscheidung des Gesellschaftsrechtssenats des BGH angesiedelt.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

I. Der Kläger ist ein Anleger, der sich an einer Anlagefonds-KG im Jahr 1997 als Kommanditist mit einer Hafteinlage von 30.000 DM (= ca. 15.338 Euro) beteiligt hat. Beklagter ist der Insolvenzverwalter der Fondsgesellschaft, über deren Vermögen am 21.11.2013 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die Kommanditisten jährliche gewinnunabhängige Ausschüttungen im Rahmen der Liquiditätslage der Gesellschaft bekommen sollten, die auf ein sog. „Darlehenskonto“ des Gesellschafters zu buchen waren. Die Gesellschafter konnten aber jeweils auf dergleichen Ausschüttungen im Hinblick auf das Risiko aus § 172 Abs. 4 HGB verzichten mit der Konsequenz nach dem Gesellschaftsvertrag, dass „die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit“ entfalle, eine deklaratorische Aussage, da ohne gewinnunabhängige Ausschüttung im Jahr der Buchung auch keine „Darlehensverbindlichkeit“ entstehen konnte. Die Fondsgesellschaft erzielte niemals einen „entnahmefähigen Gewinn“.
Sie sah sich als Folge der eintretenden wirtschaftlichen Krise im Lauf des Jahres 2012 veranlasst, von den Kommanditisten ausbezahlte gewinnunabhängige Ausschüttungen zurückzufordern. Der Kläger erstattete der Gesellschaft 4.603 Euro; diesen Betrag meldete er im Insolvenzverfahren gemäß § 38 InsO zur Tabelle an. Der Insolvenzverwalter hat die Forderung bestritten.
Die daraufhin von dem Anleger angestrengte Tabellenfeststellungsklage (§§ 179-181 InsO) war vor dem AG Hamburg erfolgreich, das LG Hamburg hat sie auf Berufung des Insolvenzverwalters abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Anlegers war beim BGH erfolglos.
II. Das Berufungsgericht hatte darauf erkannt, der Kläger sei zur Rückzahlung der Ausschüttungen nicht verpflichtet gewesen, so dass ihm gegen die Gesellschaft ein Erstattungsanspruch zustehe, der indes keine Tabellenforderung nach § 38 InsO sei. Wirtschaftlich sei die zur Tabelle geltend gemachte Forderung ungeachtet der behaupteten Anspruchsgrundlagen (Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB oder Anspruch gemäß § 110 HGB) wirtschaftlich betrachtet nämlich Rückforderung der Einlage als Teil des den Gläubigern haftenden Eigenkapitals der Insolvenzschuldnerin. Die Erfüllung des Anspruchs des Klägers würde sein Gesellschafter(kapital)konto unter seine Haftsumme fallen lassen, die durch die Rückzahlung erst wieder aufgefüllt worden sei. Ohne Bedeutung sei dabei die (rechtsirrige) etwaige Annahme des Klägers, einen Darlehensbetrag an die Gesellschaft zurückbezahlt zu haben. Der Kläger begehre damit praktisch die „erneute Ausschüttung gewinnunabhängiger Ausschüttungen“. Das sei vergleichbar mit einer erstmals im Insolvenzverfahren geforderten gewinnunabhängigen Ausschüttung. Die Feststellung eines solchen Anspruchs zur Insolvenztabelle scheide aus, sollte er überhaupt im Innenverhältnis bestehen.
III. Diesen Erwägungen stimmt der BGH im Ergebnis zu.
1. Verfahrensrechtlich spielte im Revisionsverfahren eine Rolle, ob das Berufungsgericht in seinem Urteil nicht gegen den Grundsatz des ne ultra petita des § 308 ZPO bzw. des § 528 ZPO verstoßen habe; diese Rüge folgerte der Kläger und Revisionsführer aus dem Sitzungsprotokoll, wonach der Beklagte nur beantragt habe, die Klage als „zurzeit unbegründet“ abzuweisen. Unter Gesamtwürdigung des Vortrags des Beklagten in der Berufungsbegründung weist der BGH die Verfahrensrüge des Klägers zurück, auf die daher als Sachverhaltswürdigung vorliegend nicht weiter einzugehen ist.
2. In der Sache stellt der BGH fest, dass dem Kläger der begehrte Anspruch zur Feststellung seiner Forderung zur Insolvenztabelle nicht zusteht. Zu den Insolvenzforderungen des § 38 InsO gehörten bei einer Gesellschaft nach § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO zwar auch „an sich“ die nachrangigen Forderungen aus Gesellschafterdarlehen oder wirtschaftlich vergleichbare Ansprüche, soweit der Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung beteiligt sei oder seine Beteiligung am Haftkapital höchstens 10% erreiche. Gesellschaftereinlagen fielen als Eigenkapital der Gesellschaft indes nicht unter § 38 InsO; sie seien auch keine nachrangigen Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Die von dem Kläger geltend gemachte und auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Forderung ziele (in Wahrheit) auf die Rückzahlung seiner Einlage und sie sei daher keine Insolvenzforderung.
Einlagenrückgewähr sei auch dann möglich, wenn der Gesellschafter eine Leistung der Gesellschaft wie eine gewinnunabhängige Ausschüttung aufgrund gesellschaftsvertraglicher Verpflichtung beanspruchen könne, unabhängig von einem Abfindungs- oder Auseinandersetzungsanspruch des Gesellschafters. Der Anspruch auf gewinnunabhängige Ausschüttungen, die den Stand des Kapitalkontos unter den „Betrag der Haftsumme“ minderten, sei in der Insolvenz der Gesellschaft keine Insolvenzforderung. Vorliegend habe der Kläger durch Rückzahlung von gewinnunabhängigen Ausschüttungen seine zuvor dadurch geminderte Hafteinlage wieder „aufgefüllt“; damit sei er seiner zuvor wieder aufgelebten Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB ledig geworden.
Werthaltige Leistungen des Kommanditisten an die Gesellschaft erhöhten seine Einlage allein dann, wenn sie ausdrücklich auf die Einlagepflicht erfolgten, nicht auf davon unabhängige Verkehrsgeschäfte. Eine Leistung auf die Einlage könne auch durch Zuführung eines sog. „Darlehens“ geschehen, wenn es als Teil der Haftsumme anzusehen sei. Ausreichend hierfür sei das gemeinsame – auch konkludente – Verständnis von Gesellschaft und Gesellschafter, die Leistung erfolge auf die Einlage. Der Kommanditist könne seine Außenhaftung auch ohne Verpflichtung zur Zahlung im Innenverhältnis zur Gesellschaft durch Leistung der Haftsumme in deren Vermögen erledigen. Bei Zugrundelegung dieses Verständnisses habe der Kläger den streitgegenständlichen Betrag durch Rückzahlung der früheren gewinnunabhängigen Ausschüttung auf seine Einlage erbracht. Dieses Ergebnis führt der Senat u.a. auf die Formulierung des Gesellschaftsvertrags und die Vorgänge im Zusammenhang mit der Rückzahlung zurück. Ohne Belang sei, dass der Kläger mit der Zahlung zugleich einen angenommenen Darlehensrückzahlungsanspruch habe erfüllen wollen. Die Buchung der fraglichen gewinnunabhängigen Ausschüttungen als Darlehen, so der Senat im Ergebnis, könne nicht als Verkehrsgeschäft unabhängig von den gesellschaftsvertraglichen Verbindungen gesehen werden. Der Vorbehalt der Rückforderung einer ausbezahlten Hafteinlage im Gewand einer Bezeichnung als Darlehensrückzahlung ändere nichts an der erneuten Einzahlung des entsprechenden Betrages auf die Einlage, womit der Kläger zugleich seine Außenhaftung zum Erlöschen gebracht habe. Die vereinbarte Struktur einer Darlehensrückzahlung habe lediglich damit zu tun, ob die Gesellschaft im Innenverhältnis auf diese Leistung ihrerseits einen Rechtsanspruch gehabt habe.
Verneine man eine solche Rückzahlungspflicht, könne ein Anspruch des Klägers aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) bestehen, der aber ebenfalls nicht zu einer Insolvenzforderung führe. Auch das Postulat, ein irrtümlich rechtsgrundlos leistender Gesellschafter dürfe nicht schlechter gestellt werden als der „freiwillig leistende Gesellschafter“ führte zu keinem abweichenden Ergebnis.
Der vorliegende Fall sei auch nicht mit der Senatsjudikatur zu vergleichen, die dem Kommanditisten, der der Gesellschaft freiwillig ohne Rechtspflicht Ausschüttungen zur Unterstützung der Gesellschaft zurückzahle, einen Anspruch aus § 110 HGB zugesprochen habe. Zwar stehe die überwiegende Literaturmeinung auf dem Standpunkt, ein Anspruch nach § 110 HGB könne zur Tabelle angemeldet werden und begründe eine Insolvenzforderung. Das betreffe aber insbesondere ein „Sonderopfer“ des freiwillig einen Gläubiger befriedigenden Gesellschafters, eine Konstellation, bei der der Gesellschafter quasi an die Stelle des Gläubigers tritt. Das sei nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der hier vorliege, nämlich die Wiederauffüllung der zuvor zurückbezahlten Hafteinlage.
Soweit der Kläger vortrage, ihm stehe ein Anspruch aus § 110 HGB deshalb zu, weil seine Außenhaftung nicht erloschen sei, denn der Insolvenzverwalter könne gegen den Anspruch des Klägers mit dem fortbestehenden Anspruch der Gläubiger nach den §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 Satz 2, 171 Abs. 2 HGB aufrechnen, sei diese Ansicht verfehlt, denn mit der Rückzahlung der fraglichen Ausschüttungen sei die Außenhaftung erloschen.
Die Ablehnung einer Insolvenzforderung des Klägers bedeute außerdem keine Ungleichbehandlung der Gesellschafter, wenn auch diejenigen Kommanditisten, die gewinnunabhängige Ausschüttungen nicht zurückbezahlt hätten, möglicherweise vom Insolvenzverwalter überhaupt nicht in Anspruch genommen würden. Dieser dürfe nämlich die Gesellschafter aus der Haftung nach den §§ 128, 171, 172 HGB nur soweit in Anspruch nehmen, als dies zur Gläubigerbefriedigung geboten sei. Im Innenverhältnis schuldeten diese Kommanditisten (ebenfalls) nur Zahlungen, soweit dies gesellschaftsvertraglich vorgesehen sei. Der Insolvenzverwalter müsse daher, so der BGH im Ergebnis, keine Ausgleichszahlungen durchsetzen, um die Gleichbehandlung der Gesellschafter zu gewährleisten.
§ 199 Satz 2 InsO erfordere bei der Schlussverteilung bei vollständiger Befriedigung der Gläubiger nur die Verteilung des Überschusses und nicht etwa den Ausgleich positiver Kapitalkonten. Allerdings sei damit der Innenausgleich der Gesellschafter nicht beendet. Wie dieser Ausgleich vorzunehmen sei, durch einen Liquidator oder durch die einzelnen Gesellschafter, könne offenbleiben und sei nicht Aufgabe der Tabellenfeststellungsklage. In einem obiter dictum weist der BGH für das weitere Procedere in einem solchen Fall den Weg durch Hinweis auf die Aufgaben des Liquidators einer Publikumsgesellschaft bürgerlichen Rechts in seiner Judikatur sowie den weiteren Hinweis auf eine Literaturstimme, die eine Pflicht zum Innenausgleich durch den Insolvenzverwalter bejaht.

C. Kontext der Entscheidung

I. „Falsa demonstratio non nocet“, so könnte ein erstes Votum zu den von dem Anleger missverstandenen Regelungen des Gesellschaftsvertrags über die Buchung gewinnunabhängiger Ausschüttungen einer Anlage-KG auf Darlehenskonto des Gesellschafters lauten. Die Buchung der gewinnunabhängigen Ausschüttung stellt kein Darlehen der Kommanditgesellschaft an den Kommanditisten i.S.d. § 488 BGB dar, sondern ist wie stets die Folge der Führung der Gesellschafterkonten nach den dispositiven Normen der §§ 120-122, 167-169 HGB. Vorliegend darf aus dem Tatbestand des Urteils gefolgert werden, dass der Gesellschaftsvertrag die in der Praxis verbreitete und sachgerechte Methode umsetzt, für den Gesellschafter neben dem Kapitalkonto I mit dem Ausweis des eingezahlten Eigenkapitals (Haftkapital) als Festkonto weitere variable Konten zu führen, deren Bezeichnung im Belieben der Gesellschafter steht (vgl. bei Roth in: Baumbach/Hopt, HGB, § 120 Rn. 19 etwa die Benennung als „Kapitalkonto II“ für die Buchung von Gewinn und Verlust oder die Benennung weiterer Konten als „Privatkonto“, „Darlehenskonto“ usw. für (ggf. fällige) Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschafter). Die Publikums-KG hat hier nachvollziehbar die gewinnunabhängigen Ausschüttungen „aus der Liquidität“ auf Darlehenskonto gebucht. Der Begriff des Darlehens beschreibt dabei den zivilrechtlich nicht korrekten, aber wirtschaftlich anschaulichen Umstand, dass der dort bestehende Sollsaldo deshalb eine Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft darstellt, weil er zeigt, dass das haftende Kapital des Kommanditisten unter die Haftsumme herabgesunken ist und daher die Außenhaftung im entsprechenden Umfang des auf dem Konto ausgewiesenen Betrages wieder besteht (§ 172 Abs. 4 HGB). Dabei zeigt eine solche Bestimmung im Gesellschaftsvertrag ferner, dass die Gesellschaft sich wohl die Rückforderung vorbehalten wollte. Die konkret verwendete Klausel lässt aber Zweifel offen, ob dieser Anspruch wirklich bestand, so dass der Kläger seinen Anspruch u.a. auf Leistungskondiktion gestützt hat, wenn auch erfolglos. Bei der Betrachtung des Rechtsverhältnisses zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist daher sehr genau zwischen den einzelnen Gesellschafterkonten und ihrer gesellschaftsvertraglichen Definition zu unterscheiden – und danach, wie dann tatsächlich gebucht wurde (zu den verbreiteten Drei- und Vier-Konten-Modellen neben dem Zwei-Konten-Modell vgl. BFH, Urt. v. 16.10.2008 – IV R 98/06 – BStBl II 2009, 272; FG Hamburg, Urt. v. 10.10.2012 – 2 K 171/11 Rn. 32, 39).
II. Das Urteil zeigt, dass bei Leistungen des Kommanditisten an die Kommanditgesellschaft oder an deren Gläubiger (und umgekehrt) inhaltlich und nach den Rechtsfolgen sehr scharf zu differenzieren ist. Fasst man in Fallgruppen zusammen, so lässt sich, beginnt man mit den nicht gesellschaftsrechtlich determinierten Geschäften als erste Fallgruppe diejenige der normalen Verkehrsgeschäfte zwischen Gesellschafter und Gesellschaft identifizieren. Typisches Beispiel ist das Darlehen des Gesellschafters an die Gesellschaft zu üblichen Bedingungen at arm’s length, also im „Fremdvergleich“. In der Insolvenz der Gesellschaft handelt es sich um eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO, die sogar durch ein Absonderungsrecht an Vermögensgegenständen der Gesellschaft besichert sein kann. Eine Untergruppe hiervon betrifft den Gesellschafter, der bei den unter § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO subsumierten Gesellschaften Geschäftsführungsfunktionen inne hat oder dessen Kapitalbeteiligung das Kleinbeteiligungsprivileg (§ 39 Abs. 5 InsO) überschreitet und der auch nicht vom Sanierungsprivileg (§ 39 Abs. 4 Satz 2 InsO) profitieren kann. Seine Forderung wird nachrangig und er ist den diversen Anfechtungsrisiken nach den §§ 135, 143 InsO ausgesetzt. Eine weitere Untergruppe ist davon geprägt, dass der Gesellschafter einem Finanzier der Gesellschaft eine Sicherheit zur Verfügung gestellt hat, die neben einer Gesellschaftssicherheit haftet (sog. „Doppelbesicherungsfälle“), die aber durch Inanspruchnahme der Gesellschaft bzw. der Gesellschaftssicherheit innerhalb der kritischen Zeit der §§ 135, 143 InsO frei wird. Auch hier führen die aus § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4, 5 InsO resultierenden Strukturen zur Inanspruchnahme des Gesellschafters gemäß den §§ 135, 143 InsO.
III. Zu einer zweiten Fallgruppe gehören Konstellationen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der (persönlich unbeschränkt oder beschränkt haftende) Gesellschafter außerhalb der Insolvenz freiwillig Leistungen an Gesellschaftsgläubiger erbringt. In diesem Fall steht dem Gesellschafter ein Anspruch gemäß § 110 HGB zur Seite, der in der Insolvenz der Gesellschaft den Rang einer gewöhnlichen Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO hat; die Befriedigung der Forderung eines Gläubigers ist „Aufwendung“ gemäß § 110 Abs. 1 Var. 1 HGB. Er nimmt dann sozusagen die Position des Gläubigers ein (Rn. 38 der Besprechungsentscheidung m.w.N. aus der Literatur). Es spielt dabei aus dem Blick des BGH keine Rolle, dass er mit dieser Zahlung als Kommanditist zugleich seine Außenhaftung gegenüber Gläubigern oder künftig gegenüber dem Insolvenzverwalter ausschließt. Voraussetzung ist, dass im Innenverhältnis zur Gesellschaft keine Leistungspflicht bestand (BGH, Urt. v. 29.09.2015 – II ZR 403/13 Rn. 15 – BGHZ 207, 54). All dies gilt auch für den mittelbaren Kommanditisten, der nur wirtschaftlich über einen Treuhandkommanditisten an der Gesellschaft beteiligt ist, soweit Gesellschaftsvertrag und Treuhandvertrag entsprechend miteinander verzahnt sind. Der nicht unter das Kleinbeteiligungsprivileg zu subsumierende oder der geschäftsführende Gesellschafter sollte mit seinem Anspruch aus § 110 HGB aber wiederum dem Nachrang gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO bzw. den oben beschriebenen Anfechtungsrisiken ausgesetzt sein.
IV. Eine weitere Fallgruppe ist durch die Leistung an die Kommanditgesellschaft auf die Hafteinlage geprägt – bzw. richtiger: auf die wiederaufgelebte Haftung. Die Erfüllung der Verpflichtung zur Zahlung der Hafteinlage erzeugt der Natur nach schon von vornherein keine Insolvenzforderung, sondern ist ein Anwendungsfall des § 199 Satz 2 InsO. Das gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter den Anspruch für die dadurch begünstigten Gläubiger nach § 171 Abs. 2 InsO durchsetzt. Wird wie vorliegend Haftkapital zurückbezahlt und gilt die Hafteinlage den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet (§ 172 Abs. 4 Satz 1 HGB) bzw. sinkt durch Entnahmen die Einlage unter den Haftungsbetrag (§ 172 Abs. 4 Satz 2 HGB), stellt sich die „Rückzahlung“ desselben Betrages nunmehr an die Gesellschaft als erneute Zahlung der Hafteinlage dar. Wurde dieser Betrag bei der Erstauszahlung als gewinnunabhängige Leistung nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages als „Darlehen“ gebucht und dem Gesellschafter gegenüber als dessen Verbindlichkeit ausgewiesen, wenn auch nur für den Fall der Inanspruchnahme aus der Außenhaftung und ohne evtl. Verpflichtung im Innenverhältnis, so stellt sich diese Zahlung als schuldbefreiende erneute Leistung auf die Hafteinlage dar.
V. Leistungen auf eine die Hafteinlage übersteigende Pflichteinlage sind ebenfalls Zurverfügungstellung von Eigenkapital und unter § 199 Satz 2 InsO zu subsumieren. Reduzieren gewinnunabhängige Ausschüttungen nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages aber zunächst diesen Betrag und nicht die Hafteinlage, kann allerdings deren Wiedereinzahlung, sofern keine Rechtspflicht gegenüber der Gesellschaft besteht, wohl im Einklang mit dem Besprechungsurteil einen Anspruch aus Leistungskondiktion generieren. Befriedigt der Kommanditist bei dieser Konstellation einen Gesellschaftsgläubiger, so ist das eine Leistung nach § 267 BGB, die dem Leistenden einen Anspruch gegen die Gesellschaft nach § 110 HGB verschafft, der Insolvenzforderung nach § 38 InsO ist. Eine andere Frage ist auch hier die Anwendung des § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4, 5 InsO sowie der §§ 135, 143 InsO.
VI. 1. Zu Recht hat der BGH in der Verweigerung einer Insolvenzforderung zugunsten des Klägers keine Ungleichbehandlung desselben gegenüber anderen Gesellschaftern gesehen, die ihre gewinnunabhängigen Ausschüttungen behalten haben. Diese Thematik ist nämlich mit dem BGH auf der Ebene des Ausgleichs unter den Gesellschaftern angesiedelt, entweder nach § 426 Abs. 1 BGB oder nach davon abweichenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages. Mit der Zielsetzung der Gläubigerbefriedigung (vgl. § 1 InsO), dessen Hilfsmittel die Feststellung zur Tabelle ist, hat das nichts zu tun.
2. Soweit der Senat obiter jedenfalls bei der Publikumsgesellschaft Sympathie zu erkennen gegeben hat, den Innenausgleich der Gesellschafter durch den Liquidator durchzuführen, der die gegenseitigen Ansprüche der Beteiligten festzustellen und sie auch durchzusetzen hat (Besprechungsentscheidung a.E. mit dem Hinweis auf BGH, Urt. v. 15.11.2011 – II ZR 266/09, Rn. 34 f. – BGHZ 191, 293), ist diesem Ansatz schon aus praktischen Gründen zu folgen. Die Frage entsteht allerdings dann nicht, wenn der Gesellschaftsvertrag dieses Procedere bereits ausdrücklich vorsieht, so dass man die Judikatur auch als Mahnung an Gesellschafter sehen mag, die Dinge eigenverantwortlich zu regeln.
3. In der Insolvenz spricht entgegen der herrschenden Meinung Entscheidendes dafür, dass der Insolvenzverwalter die Aufgabe der Gesamtliquidation der Gesellschaft hat (vgl. K. Schmidt, InsO, 19. Aufl. 2016, Einleitung Rn. 23, § 1 Rn. 14), wenn nicht ein Fortführungsinsolvenzplan zur Sanierung der Gesellschaft zustande kommt, sondern das Verfahren mit Schlusstermin, Schlussverteilung und Auszahlung des Liquidationsüberschusses nach § 199 Satz 2 InsO durch Aufhebung gemäß § 200 InsO endet. Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat die Verteilung des Liquidationsüberschusses ausdrücklich auf die einzelnen Gesellschafter vorgesehen, um „noch eine gesellschaftsrechtliche Liquidation“ zu vermeiden (vgl. BT-Drs. 12/2443 v. 15.04.1992, S. 187, Begründung zu § 227 Satz 2 InsO-RegE = § 199 Satz 2 InsO). Den Verteilungsmaßstab entnimmt der Gesetzgeber dem Gesellschaftsvertrag bzw. den gesetzlichen Bestimmungen über die Auseinandersetzung einer solchen Gesellschaft, bei den Personengesellschaften also insbesondere nach Maßgabe der §§ 730 ff. BGB. Der Logik dieser Systematik folgend, muss man dann auch Rock/Contius (ZIP 2017, 1889) folgen, wonach der Insolvenzverwalter der nicht fortgesetzten Publikumsfondsgesellschaft verpflichtet ist, den Innenausgleich der Gesellschafter durchzuführen. Es darf dabei eben nicht übersehen werden, dass der Verwalter im Rahmen des § 199 Satz 2 InsO nicht etwa einen verbleibenden Geldbetrag zugunsten der Gesamtheit der Gesellschafter unter Verzicht auf die Rücknahme hinterlegt, sondern er muss jedem Beteiligten seinen Betrag einzeln ausfolgern, wozu der Natur der Sache nach die Abrechnung nach dem Gesellschaftsvertrag gehört. Die Ermittlung der wechselseitigen Ausgleichsbeträge der Kommanditisten der Fondsgesellschaft ist dann lediglich noch ein weiterer Arbeitsschritt, der aus den Gesellschafterkonten ermittelt werden muss; dies ist ohnehin erforderlich, will der Verwalter einzelne Gesellschafter nach § 93 InsO bzw., bei den Kommanditisten, nach den §§ 171 Abs. 2, Abs. 1, 172 Abs. 4, 176 HGB in Anspruch nehmen.
4. Eine ganz andere Frage ist freilich, ob die InsVV diesen Aufgabenbereich angemessen abbildet.

D. Auswirkungen für die Praxis

I. Der vom BGH entschiedene Sachverhalt zeigt, dass unverändert auch an der praxisrelevanten Schnittstelle zwischen dem Recht der Personengesellschaft und dem Insolvenzrecht, zu der sich eine Vielzahl von Literaturstimmen geäußert hat und fortwährend äußert bzw. zu der eine Fülle von Entscheidungen der Rechtsprechung existiert, immer wieder neue Fragestellungen auftreten oder bereits beantwortet geglaubte wieder auftreten. Bei der Kommanditgesellschaft handelt es sich dabei um die Frage der insolvenzrechtlichen Qualifizierung der diversen Leistungen, die der Kommanditist auf der Zeitachse erbracht hat und die im wirtschaftlichen Ergebnis sämtlich der Gesellschaft zugutekommen – in der Insolvenz den Gläubigern derselben.
II. Aufgrund des dispositiven Charakters der gesellschaftsvertraglichen Regeln, deren Dispositivität im vorliegenden Kontext im Wesentlichen nur durch den Grundsatz der Erhaltung des haftenden Kommanditkapitals eingeschränkt wird, ist es daher von erheblicher Bedeutung, dass die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen über die Gesellschafterkonten sehr präzis gefasst und in der Praxis auch eingehalten werden. Namentlich geht es um Definition und Inhalt dieser Konten im Gesellschaftsvertrag. Werden auf einem z.B. als „Darlehenskonto“ bezeichneten Gesellschafterkonto sonach Verbindlichkeiten des Gesellschafters gebucht, muss auch geklärt sein, (i) ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesellschaft ein Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter zusteht und (ii) worauf die Tilgungswirkung der Gesellschafterleistung gerichtet ist.
III. Auch beim Innenausgleich sollte auf geeignete Regelungen im Fall der Liquidation der Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag geachtet werden. Die Liquidation zum Zwecke der Auseinandersetzung des Liquidationsüberschusses (§ 199 Satz 2 InsO) nach Aufhebung eines Insolvenzverfahrens sollte im Hinblick auf die anzuwendenden Maßstäbe ebenfalls gesellschaftsvertraglich geregelt werden. Die Durchführung sollte dem Insolvenzverwalter obliegen. Ein gesellschaftsrechtliches gesondertes Liquidationsverfahren nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist zeitraubend, kostspielig, organisatorisch zweifelhaft und insgesamt nicht sehr sinnvoll; erst recht gilt das für die Überlegung, den Gesellschaftern jeweils einzeln anheimzustellen, den Innenausgleich herbeizuführen. Hierzu benötigen sie nämlich die Daten, die nur dort vorliegen, wo die Unterlagen der abgewickelten Gesellschaft verwahrt werden, womit man in praxi wieder beim Insolvenzverwalter landet.

Erneute Einzahlung der Hafteinlage des Kommanditisten nach gewinnunabhängigen Ausschüttungen als scheinbare Darlehensrückzahlung
Thomas HansenRechtsanwalt
  • Fachanwalt für Steuerrecht
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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