Nachfolgend ein Beitrag vom 22.8.2017 von Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2017 Anm. 2

Orientierungssatz zur Anmerkung

Die Führung eines auf seinem Markt konkurrierenden Unternehmens durch einen Idealverein ist mit dessen rechtlicher Struktur vereinbar, wenn die unternehmerische Aktivität dem ideellen Hauptzweck „untergeordnet“ ist. Indiziell bzw. sogar entscheidend hierfür ist die Anerkennung des eingetragenen Vereins als gemeinnützig. Wesentlich ist auch die fehlende Gewinnausschüttung oder das Fehlen anderweitiger Zuwendungen an die Vereinsmitglieder in dieser Eigenschaft und allgemein deren fehlende Beteiligung am Vereinsvermögen. Auf den Umfang des unternehmerischen Geschäftsbetriebs kommt es nicht (primär) an. Der Verein darf die für diesen Betrieb nötigen Mittel erwirtschaften. Idealvereine, die außerhalb von Elterninitiativen Kitas und Horte am „Markt“ betreiben, sind nach den Parallelbeschlüssen des BGH vom 16.05.2017 (dennoch) mit § 21 BGB vereinbar, auch wenn z.B. in einem Hort 250 Kinder (II ZB 9/16) oder in neun Kitas jeweils 16 bis 32 Kinder (II ZB 7/16) betreut werden bzw. in 24 Kitas mit 695 Arbeitnehmern sowie einer eigenen Geschäftsstelle mit 33 Mitarbeitern 2.400 Kinder (II ZB 6/16).

A. Problemstellung

Der auch für Rechtsbeschwerden in Vereinsregistersachen zuständige Gesellschaftsrechtssenat hat mit verschiedenen Beschlüssen vom 16.05.2017 mehrere wichtige, inhaltlich gleiche Entscheidungen für das Recht des Idealvereins getroffen, welche im Ergebnis die bisherigen Strukturen bestätigen, wenn auch die Besprechungsentscheidung zu II ZB 9/16 auf den ersten Blick eher unspektakulär daher zu kommen scheint. Gegenstand ist erneut die seit Inkrafttreten des BGB immer wieder diskutierte Frage, wie weit der operative Betrieb eines Idealvereins gehen darf, ohne dass entgegen § 21 BGB ein „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ zu bejahen ist. Die Bejahung dieses Merkmals würde dazu führen, dass die Eintragung des Vereins abgelehnt wird, wenn zum Zeitpunkt des Eintragungsantrags erkennbar ist, dass der Verein einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verfolgt, der (zudem) nicht unter das sog. Nebenzweckprivileg zu subsumieren ist (vgl. die §§ 60, 56 ff. BGB sowie Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Aufl. 2017, § 60 Rn. 1, § 21 Rn. 7 ff., mit Beispielen, jeweils m.w.N.). Bei späterer Feststellung, gleichgültig, ob das negative Tatbestandsmerkmal des fehlenden wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs außerhalb des Nebenzweckprivilegs bereits bei der Eintragung des Vereins gefehlt hat oder ob dieser Umstand später eingetreten ist, muss das Vereinsregistergerichts das Löschungsverfahren gemäß § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG einleiten. Die (fortbestehende) Eintragung ist aufgrund des „Mangels einer wesentlichen Voraussetzung“ i.S.d. § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG unzulässig, und sie „kann“ daher gelöscht werden. Das Nichtbestehen oder der Wegfall des Nebenzweckprivilegs bei einem bestehenden Geschäftsbetrieb ist stets ein schwerwiegender Mangel, der das Registergericht zum Einschreiten zwingt und sein Ermessen im Allgemeinen auf das Löschungsverfahren reduziert.
Der BGH hat mit der Besprechungsentscheidung und den im Orientierungssatz konturierten Parallelentscheidungen die Grenzen der wirtschaftlichen Geschäftstätigkeit des Idealvereins abgesteckt. Die Entscheidung ist deshalb so wichtig, weil sie etwa im Bereich des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) hätte zu erheblichen Verwerfungen führen können, wenn der BGH einem Kita-Trägerverein das Nebenzweckprivileg mit dem Kammergericht und dem AG Charlottenburg/Vereinsregister abgesprochen hätte. Die wohl gefestigte Rechtsprechung des KG zu § 21 BGB in dem Ausgangsfall und ähnlich gelagerten Fällen ist damit deutlich korrigiert worden.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

I. Der die Rechtsbeschwerde führende Verein wurde 1998 in das Vereinsregister des AG Berlin-Charlottenburg eingetragen. Die Satzung enthält die üblichen Formulierungen, um als gemeinnützig im Sinn der Abgabenordnung vom Finanzamt anerkannt werden zu können. Satzungszweck sind die Förderung und die Trägerschaft von Sozialprojekten in Berlin „unter integrativem Ansatz eines multikulturellen Nachbarschaftstreffs“. Mittel des Vereins dürfen nur dem satzungsmäßigen Zweck dienen, Vereinsmitglieder dürfen in dieser Eigenschaft keine Zuwendungen des Vereins erhalten. Bei dessen Auflösung oder bei Ausscheiden dürfen sie keine Vermögensanteile aus dem Vereinsvermögen bekommen. Dritte dürfen nicht durch dem Satzungszweck fremde Ausgaben begünstigt werden und keine überhöhten Vergütungen empfangen. Das Finanzamt hat den Verein von der Körperschaftsteuer und der „Grunderwerbsteuer“ (Rn. 2, ein Sonderfall, weil eine Befreiung von der GrESt im Allgemeinen nicht besteht) befreit, weil er den Anforderungen der §§ 51 ff. AO über die Gemeinnützigkeit genüge. Die in der Satzung beschriebene Tätigkeit des Vereins wird in der Praxis durch eine Reihe von Aktivitäten im Bereich der Jugend- und Familienhilfe umgesetzt. Verfahrensgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob der von dem Verein seit 2002 betriebene Hort nicht zur Folge hat, dass der Verband nicht mehr unter § 21 BGB subsumiert werden kann, weil sein Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist. Der Hort stellt eine Kooperation mit einer ihm benachbarten Grundschule dar; zunächst wurden 32 Kinder betreut, aktuell 250 Kinder. Gründung und Betrieb gehen nicht auf eine Elterninitiative zurück, wobei die Eltern offenbar auch nicht in dem Hort (ehrenamtlich) in relevanter Weise mitarbeiten. In Berlin besteht eine Fülle weiterer Kita- und Hortangebote durch private Anbieter in verschiedenen Rechtsformen, auch in der konkurrierender Idealvereine, wie aus den im Orientierungssatz zitierten Parallelentscheidungen des BGH und den Beschwerdeentscheidungen des Kammergerichts hervorgeht (vgl. z.B. KG, Beschl. v. 16.02.2016 – 22 W 88/14 Rn. 26 – NZG 2016, 989; aufgehoben durch BGH, II ZB 6/16). Es darf bereits Zweifel an der Prämisse des Kammergerichts zu den mit dem Verfahrensbeteiligten konkurrierenden Einrichtungen angemeldet werden (vgl. sogleich unter II.), da berufstätige Eltern, die Betreuung für Grundschulkinder im Hort nachfragen, die Einrichtung natürlich absolut bevorzugt in Ortsnähe zur Schule suchen. Die Ausrichtung der Einrichtung (kommunal, privat, kirchlich) tritt dahinter regelmäßig zurück, da die vom jeweiligen Bundesland gesetzten Anforderungen und Qualitätskriterien identisch sein müssen und die Einrichtungen der Aufsicht durch die Jugendhilfebehörden unterliegen.
Im konkreten Fall leitete das Amtsgericht/Registergericht Charlottenburg das Amtslöschungsverfahren ein und wies den Widerspruch des beteiligten Vereins dagegen zurück (zu 95 VR 18159 B). Der Beschwerde hat das Registergericht nicht abgeholfen, das Kammergericht als Registerbeschwerdegericht (§§ 395, 393 Abs. 3 Satz 2 FamFG; §§ 23a Abs. 2 Nr. 3, 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG) hat sie zurückgewiesen.
Das Kammergericht hatte entsprechend der herrschenden Meinung zu § 21 BGB bei „typologisch-teleologischer Betrachtung“ darauf erkannt, der Vereinszweck sei auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Ein solcher Betrieb sei zu bejahen, wenn der Verein auf einem Markt gegenüber Dritten unternehmerisch agiere, solche unternehmerischen Aufgaben für seine Mitglieder ausführe oder auch nur allein gegenüber den Mitgliedern unternehmerisch auftrete. Der „planmäßige, auf Dauer angelegte entgeltliche Betrieb von Kinderbetreuung“ trage unternehmerischen Charakter. Der Senat leitet das aus der vorstehend beschriebenen Größe des Horts und der Art und Weise der Aktivitäten des Vereins auf diesem Segment ab. Das Betreuungsangebot erfolge gegenüber allen Eltern am Markt. Der Verein trage nicht einmal vor, dass der Betrieb auf Elterninitiative beruhe, die auf verschiedenen Sektoren etwa mitarbeiteten (wie „Betreuung, Kochen, Putzen … Buchhaltung“ usw.). Die Fokussierung auf die Kooperation mit der benachbarten Grundschule sei unbeachtlich. Die Eltern könnten frei über die Angebotsannahme entscheiden. Sogar dann, wenn die 20 beschäftigten Erzieherinnen ohne Entgelt arbeiten würden, änderte dies nichts am unternehmerischen Charakter. Das Nebenzweckprivileg greife vorliegend nicht ein. Die wirtschaftliche Betätigung des Idealvereins müsse nämlich, so das KG, dem nichtwirtschaftlichen Hauptzweck untergeordnet sein. Dies sei vorliegend zu verneinen. Die zuerkannte Gemeinnützigkeit sei eine allein steuerrechtliche (das Registerrecht nicht berührende) Frage. Die §§ 51 ff. AO hätten nicht das Ziel, ideelle Zwecke anzuerkennen und steuerlich zu fördern, sondern man wolle dort „freiwilliges, gemeinwohlbezogenes Engagement mit den Mitteln des Steuerrechts“ anregen und anerkennen. Die Abwägung des „öffentlichen Interesses und des Schutzes des Rechtsverkehrs gegen das Bestandsinteresse des Beteiligten“ nach § 395 Abs. 1 FamFG müsse, so das KG, zugunsten der Löschung des Beteiligten aus dem Register ausfallen.
II. Auf die vom KG zugelassene Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FamFG) des Verfahrensbeteiligten hat der BGH die Beschwerdeentscheidung des KG ebenso wie die Entscheidungen des AG Charlottenburg aufgehoben und das Löschungsverfahren eingestellt.
Aus der Begründung der Entscheidung des BGH und der veröffentlichen Entscheidung des KG Berlin vom 16.02.2016 zu 22 W 88/14 (BGH, II ZB 6/16) geht ferner hervor, dass das KG auf die Möglichkeit des Formwechsels des Idealvereins nach den §§ 272 ff. UmwG (in eine Genossenschaft oder Kapitalgesellschaft) aufmerksam macht. Zudem meint der Senat dort, der ursprünglich zu Recht eingetragene Verein könne nicht darauf vertrauen, dass dieser Zustand ungeachtet von Veränderungen des Vereins und „der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen“ andauere. Was das KG mit der letzteren Äußerung gemeint hat, bleibt unkonkret und ist in der Sache nicht nachzuvollziehen.
Der BGH hat diese Auffassung des KG nicht geteilt und gerade gegenteilig entschieden, die Meinung des Beschwerdegerichts halte rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Richtig hatte das KG noch darauf erkannt, dass ein eingetragener Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sei, nach § 395 FamFG zu löschen sei. Das ist der Fall der anfänglichen Ausrichtung auf die wirtschaftliche Betätigung („offene Rechtsformverfehlung“ oder der nachträglichen Aufnahme eines wirtschaftlichen Betriebs entgegen der Satzung („verdeckte Rechtsformverfehlung“). Vorliegend sei das aber gerade nicht so. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei durch das Ziel geprägt, dem Verein oder seinen Mitgliedern Vermögensvorteile zu verschaffen; diese Tätigkeit sei planmäßig und nach außen gerichtet, nicht nur vereinsintern. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb durch einen Idealverein sei vor dem Hintergrund der §§ 21, 22 BGB unschädlich, wenn die unternehmerischen Aktivitäten dem ideellen Zweck nachgeordnet seien und nur „Hilfsmittel zu dessen Erreichung“ sind. Solche Tätigkeiten könnten durchaus gewerblich sein, ohne indes den Charakter als Idealverein zu beeinträchtigen.
Vorliegend werde der Verein zwar unternehmerisch tätig, denn er erbringe „planmäßig und dauerhaft“ am „Markt der Kindertagesstätten“ Leistungen. Diese Tätigkeit unterfalle aber entgegen dem Beschwerdegericht dem Nebenzweckprivileg. Entscheidend sei dafür zum einen die Anerkennung als gemeinnützig durch das Finanzamt, wenn auch die Gemeinnützigkeit nicht „automatisch“ einen Geschäftsbetrieb nach § 21 BGB ausschließe. Der Senat betrachtet sodann in historischer Auslegung die Entstehungsgeschichte des § 21 BGB nach den Materialien zum BGB von Mugdan. Den Verein habe man als ein in der Gemeinwohlsphäre agierendes Instrument betrachtet, das für den Staat wichtige Aufgaben erledige, an die er aber nicht selbst herantrete. Dagegen stehe die Auffassung des historischen Gesetzgebers, dass die Gesellschaften – als Gegenentwurf zum Idealverein – wirtschaftliche Vorteile für sich und ihre Gesellschafter im Auge hätten. Der BGH vertieft und bestätigt das mit dem Hinweis auf die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit, die, wie oben dargestellt, es verhindern, dass Vereinsmitglieder des Idealvereins persönlich ökonomische Vorteile durch die unternehmerische Vereinstätigkeit haben, erhalten sie doch beispielsweise weder Gewinnausschüttungen noch Liquidationsgewinne und auch keine unangemessenen Vergütungen für ihre Tätigkeit. Ohne Bedeutung sei, dass es auch die als gemeinnützig anerkannte GmbH als Erscheinungsform des Gesellschaftsrechts gibt. Welche Rechtsform die jeweiligen Gründer wählen, sei ihnen überlassen. Die Fakten, die für die Prüfung der Gemeinnützigkeit maßgeblich seien, müssten auch im Rahmen der Prüfung des § 21 BGB herangezogen werden. Im vorliegenden Fall sei die Horttätigkeit dem „ideellen Hauptzweck“ zugeordnet. Auch der Umfang des Betriebs spreche hier nicht gegen den Charakter als Idealverein. Der historische Gesetzgeber habe eine Überlegung, in § 21 BGB z.B. eine klarstellende Regelung über einen „kleinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb“ einzufügen, abgelehnt. Die Betriebsgröße sei daher allein nicht hinreichend, ein Verdikt über den wirtschaftlichen oder nichtwirtschaftlichen Charakter eines Vereins zu treffen. Der Gedanke des Gesetzes sei, Vereine mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf die hierfür geltenden Rechtsformen zu verweisen und zwar im Hinblick auf den im Handels- und Gesellschaftsrecht deutlich ausgeprägteren Gläubigerschutz als im Vereinsrecht; auch der Wirtschaftsverein des § 22 BGB sei demgemäß nur ausnahmsweise zulässig. Ein von einem Verein geführter Geschäftsbetrieb „in einer bestimmten Größe“, der die notwendigen Mittel verdient (und verdienen darf), stelle keine „größeren Gefahren für den Rechtsverkehr dar, wenn mittels des Geschäftsbetriebs unmittelbar der ideelle Zweck verfolgt“ werde. Die Anforderungen der vom Finanzamt effizient überwachten Gemeinnützigkeit und das Verbot der Gewinnausschüttung beugten Anreizen vor, unternehmerische Wagnisse einzugehen. Besondere Gefahren (die der Unternehmensführung durch einen Idealverein entgegenstünden) seien hier nicht zu erkennen. Die Konkurrenz auf dem Markt der Kinderbetreuung bestehe auch dann, wenn der beteiligte Verein in anderer Rechtsform auftrete. Die §§ 21 f. BGB hätten ferner nicht die Aufgabe der Steuerung des Wettbewerbs, sie seien als Normen wertneutral.

C. Kontext der Entscheidung

I. Würdigung der Rechtsbeschwerdeentscheidung
1. Dem Beschluss des BGH ist zuzustimmen. Die instanzgerichtlichen Beschlüsse des AG Charlottenburg und des KG sind zwar in den Ansätzen zur Frage des Bestehens eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs richtig, ansonsten aber erkennbar unrichtig. Sie verkennen die Struktur der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII, insbesondere die Kooperationsklausel des § 4 SGB VIII über das Verhältnis zwischen freier und öffentlicher Jugendhilfe. Sie übersehen ferner, wie auch der BGH betont, dass das Gemeinnützigkeitskriterium ein entscheidender Aspekt der Aktivitäten auf diesem Segment ist und sie verkennen zudem, dass die Träger der Einrichtungen trotz aller Investitionszuschüsse und wesentlichen Zuschüsse zu den Betriebs- , insbesondere den Personalkosten, durch die öffentliche Hand, und unter Abzug ggf. von Elternbeiträgen gleichwohl regelmäßig durch eigene Mittel die Betriebsführung nicht unerheblich (mit)finanzieren und generell die vollständige Finanzierungsverantwortung tragen.
2. Es ist zwar richtig, dass fehlende Gewinnerzielungsabsicht nicht zwingend gegen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb spricht, wie das KG in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung angenommen hat. Hierzu ist freilich folgendes zu bemerken, wobei das Beispiel der Kita (ob Kindergarten oder Hort) durchaus zur Problemdarstellung geeignet ist. Zum einen stellt jede operative Aktivität, die Leistungen am Markt anbietet, hier dem Markt für Betreuung und Erziehung der Kinder, ein Unternehmen dar. Es gibt nämlich ggf. konkurrierende Anbieter an dem stets lokalen Markt, z.B. anstelle der Einrichtung des Vereins vielleicht das Angebot einer Kirchengemeinde oder der politischen Gemeinde (durch die Gebietskörperschaft, eine kirchliche Anstalt oder Körperschaft bzw. Stiftung des öffentlichen Rechts, eine Stiftung des bürgerlichen Rechts, eine gGmbH oder eben einen anderen eingetragenen Verein). Bei den Kindergärten besteht unverändert sogar faktisch eine Monopolstellung der kirchlichen Träger in verschiedenen Rechtsformen und der politischen Gemeinden, also überwiegend mit Einbettung der Einrichtung in eine öffentlich-rechtliche Struktur. Das ist nicht nur eine Folge der historischen Entwicklungslinien (vgl. z.B. die Art. 140 GG, 137 WRV) oder des § 4 SGB VIII (und seiner Vorgängerregeln), sondern auch eine schon lange als richtig erkannte Frucht der Erkenntnis, dass Kita- und Hortleistungen als Teil der (Früh-)Erziehung (zu der wesentlich auch die Tagesbetreuung für Kinder Alleinerziehender oder von Kindern, deren Elternteile beide berufstätig sind, gehört) zugleich wichtige Elemente der Daseinsvorsorge sind. Der Gesetzgeber unterstreicht das für die Kitas durch den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Dass es daneben betriebliche Einrichtungen (Betriebs-Kitas) oder gGmbHs gibt oder privatwirtschaftliche Gesellschaften, die solche Angebote erbringen, ändert daran nichts. Sie stehen einschließlich der Einrichtungen auf der Basis von Elterninitiativen nicht im Fokus. Als Folge der Gemeinnützigkeit und der zugelassenen Rechtsform des eingetragenen Idealvereins bzw. des Betriebs durch öffentlich-rechtliche Organisationen wird natürlich der Wettbewerb für an diesem Markt etwa interessierte Gewerbetreibende erschwert, auch wenn alle Wettbewerber den Standards der einschlägigen Gesetze des Bundes und insbesondere der Länder sowie den Qualitätsstandards entsprechen müssen und alle die entsprechenden Zuschüsse von den Jugendhilfebehörden bekommen. Verzerrungen des Wettbewerbs gegenüber erwerbswirtschaftlichen Unternehmen sind bzw. wären unter dem Aspekt der Vorrangigkeit der Daseinsvorsorge in den etablierten und bewährten Formen hinzunehmen. Das europäische Recht (Niederlassungsfreiheit der Unternehmen, Beihilferecht) steht dem aus verschiedenen hier nicht zu erörternden Gründen nicht entgegen.
Die vorstehend umrissene Diversifizierung der Einrichtungen der Jugendhilfe wirkt im Übrigen kostenreduzierend für die öffentliche Hand, fördert die Vielfalt der erzieherischen Konzepte und der Qualität und wirkt Ausfallrisiken privater Betriebe mit desaströsen Folgen für Kindern und Eltern nachhaltig entgegen. Hierzu darf zum einen auf das Beispiel der bis zu ihrem Konkurs im Jahr 2014 größten Gesellschaft für Kinderbetreuung in den Niederlanden, die Estro BV verwiesen werden (vgl. EuGH, Urt. v. 22.06.2017 – C-126/16 – ZIP 2017, 1289 „Federatie Nederlandse Vakverenigung u.a.“). Das Unternehmen wurde durch übertragende Sanierung durch Insolvenzplan (jeweils hier zur Vereinfachung in der Terminologie des deutschen Insolvenz- und Sanierungsrechts) teilweise gerettet, der Rechtsträger wurde aber wohl aufgelöst. Von 380 Einrichtungen blieben 243 übrig, von 3.600 Arbeitsplätzen wurden 2.400 erhalten. Das Urteil des EuGH lässt aufgrund des dortigen Verfahrensgegenstandes nachvollziehbar nicht erkennen, wie die Betreuung der Kinder gelöst wurde, die die geschlossenen Einrichtungen besucht hatten. Das weitere Beispiel ist der schon länger zurückliegende wirtschaftliche Zusammenbruch des australischen Betreibers A.B.C. Learning Centers Group (vgl. dazu Ede, ZInsO 2009, 312), die 2008 mit 38 Konzerngesellschaften in die Insolvenz geriet. Dieses kommerzielle Unternehmen war nach dem zitierten Beitrag weltweit größter Betreiber von Kitas mit 1.000 Einrichtungen in Australien mit ca. 120.000 Kindern, einem „Marktanteil“ von 25% und „einer zeitweiligen Marktkapitalisierung von rd. 4,8 Mrd. AU$“ (Ede, ZInsO 2009, 312), damals ca. 2,9 – 3 Mrd. Euro. Im Laufe ihrer eher kurzen Geschichte (2001: 43 Kitas) hatte A.B.C. einen „Betreiber“ in den USA und in Großbritannien übernommen und 2.200 Kitas geführt (Ede, ZInsO 2009, 312, 313).
3. Grundsätzlich ist den unterinstanzlichen Entscheidungen vorliegend auch insoweit zu widersprechen, als das Nebenzweckprivileg auf untergeordnete Funktionen reduziert und nur einen geringen Umfang haben dürfe. Die im Kontext mit der operativen Tätigkeit eines Vereins an einem äußeren Markt stets auftretende Diskussion der „Gewinnerzielung“ ist teilweise außerdem wohl ein Scheinargument. Die gemeinnützig agierende privatrechtlich strukturierte Organisation, ob gGmbH, e.V. oder Stiftung, agiert an einem wie auch immer gearteten „Markt“, mag er ein externer oder auch nur interner Markt für die Mitglieder der Organisation sein, mag er altruistisch sein oder nicht. Das gilt beispielsweise für die gemeinnützige Rettungsdienstorganisation in der Rechtsform der gGmbH, den e.V., der u.a. im Rahmen seiner altruistischen Zwecke günstigen studentischen Wohnraum in einem (größeren) Studentenwohnheim anbietet oder die gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts, die Stipendien ausschreibt oder ein Krankenhaus betreibt. Alle diese Organisationen müssen aber für ihre Geschäfte einen jährlichen positiven operativen Cashflow generieren, wollen sie nicht untergehen. Sie müssen ihre laufenden Betriebsausgaben, ihre Abschreibungen aus betriebswirtschaftlichem Blick verdienen, ihre Rückstellungen und ihre künftigen Investitionen. Vereinsbeiträge, Spenden usw. sind Eigenkapitalpositionen, die neben den betrieblichen Einnahmen (bei Kitas Zuschüsse der Jugendhilfe und Elternbeiträge, sofern und soweit sie zulässig sind) nötig sind, um für den steuerrechtlich zulässigen Zeitraum und im dortigen Umfang für ao. Aufwendungen gerüstet zu sein.
4. Die Größe der Einrichtung kann, wie der BGH zutreffend betont, nicht ausschlaggebend sein. Dabei mag es aber durchaus eine kritische Grenze geben, deren Überschreiten einzelfallabhängig ist und jenseits derer nicht mehr davon gesprochen werden kann, dass der gemeinnützige e.V. den Betrieb noch beherrscht, sondern dieser sich faktisch verselbstständigt hat. Im vorliegenden Rahmen muss offenbleiben, ob es, wohl entgegen der Auffassung des BGH, nicht doch eine solche kritische Obergrenze gibt. Liest man die Beschlüsse vom 16.05.2017, könnten auch Betreiber in Größenordnungen wie Estro oder A.B.C. Learning als Idealvereine agieren. In solchen Fällen wird man aber die gesamten betrieblichen und vereinsorganisatorischen Details durchleuchten müssen, ob noch die Voraussetzungen des § 21 BGB eingehalten werden. Bei einem Hort mit 250 Kindern in Kooperation mit einer lokalen Grundschule wie in der Besprechungsentscheidung stellt sich die Frage der Obergrenze mit dem BGH aber sicher nicht; zieht man als beliebiges Beispiel aus dem maßgeblichen Landesrecht etwa die in Rheinland-Pfalz geltenden Personalschlüssel für Horte heran (etwa 15 Kinder/Gruppe mit zwei Vollzeitbeschäftigten/Gruppe) und denkt man an die von Gruppenarbeit freigestellte Leitung sowie an weitere Mitarbeiter (Küche, Reinigung), so kommt man auf eine respektable Größe von etwa 16 Gruppen und etwa auf 30 bis 40 Mitarbeiter (Vollzeit, einschließlich Berufspraktikanten/innen), eine Größenordnung, die durch einen Verein sogar mit ehrenamtlichem Vorstand beherrschbar ist. Allerdings hat der BGH in der Entscheidung II ZB 6/16 auch einen sozialpädagogischen Großbetrieb als Idealverein unter dem Nebenzweckprivileg zugelassen (vgl. o.). Vielleicht ist ein Abgrenzungsindiz die Beschränkung auf den lokalen oder regionalen Markt der Betreuungsleistungen.
II. Keine Rückkehr zur „subjektiven Theorie“ im Vereinsrecht durch den BGH
1. Die längst obsolete sog. subjektive Theorie knüpfte zu der Frage der wirtschaftlichen Betätigung an die Formulierung der Satzung an, eine zu Recht nicht mehr vertretene Position, weil dadurch das wesentliche negative Tatbestandsmerkmal des § 21 BGB leicht ausgehebelt werden könnte. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass alle älteren Vereine, die seit etlichen Jahrzehnten einen operativen Betrieb unterhalten, wohl faktisch auf der subjektiven Theorie aufbauen. Zutreffend führt das Kammergericht (Beschl. v. 16.02.2016 – 22 W 88/14 Rn. 19) aus, dass es zur Abgrenzung jedenfalls objektiv auf die effektiv geplante oder ausgeübte Tätigkeit ankommt. Das sieht auch der Gesetzgeber so, wenn er die Löschung ermöglicht, wenn der Verein unzulässige wirtschaftliche Unternehmungen satzungswidrig ausführt (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 16.02.2016 – 22 W 88/14 Rn. 19; BT-Drs. 16/13542 v. 23.06.2009, Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen, S. 14, vgl. das Gesetz v. 24.09.2009, BGBl I 2009, 3145, Änderung u.a. v. § 43 BGB). Die typologisch-teleologische Betrachtung (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 16.02.2016 – 22 W 88/14 Rn. 20 m.w.N.; Ellenberger in: Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 21 Rn. 3 ff.; Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 22 Rn. 11 m.w.N.), die der h.M. entspricht, betrachtet den Schutzzweck der §§ 21 f. BGB. Eine unmittelbare Rückkehr zur subjektiven Theorie durch den BGH oder generell durch die „Hintertür“ als Folge der Anwendung eines Nebenzweckprivilegs (vgl. Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, § 22 Rn. 9, 16, 17, 40, 42.1) ist zu verneinen. Hier muss man mit dem BGH differenzieren.
2. Der Gesellschaftsrechtssenat versucht zum einen zutreffend, das Vereinsrecht mit dem Steuerrecht zu harmonisieren. Das Recht der Gemeinnützigkeit steht nicht isoliert neben dem Vereinsrecht (hier: §§ 21 f. BGB), sondern die Gemeinnützigkeit ist ein wesentliches Indiz für die Verfolgung des ideellen Zwecks; die Gemeinnützigkeitskriterien werden zudem regelmäßig vom Finanzamt überprüft. Zum anderen betrachtet er den operativen Betrieb und qualifiziert ihn zutreffend als unternehmerisch, wenn er wie hier an einem Markt ausgeübt wird. Der Satzungstext ist also keineswegs allein maßgeblich für die Qualifizierung als wirtschaftlicher oder nicht wirtschaftlicher Verein. Maßgeblich sind zudem die das Vereinsrecht und die Abgabenordnung verklammernden Satzungsbestimmungen, die Vorteilsregelungen (Gewinne, Beteiligung am Liquidationsüberschuss usw.) für Vereinsmitglieder des Idealvereins ausschließen. Ferner darf die Gewinnerzielung nicht Selbstzweck sein, was schon § 62 AO verhindert. Spezifische Nachteile für Gläubiger, die die Löschung bei wertender Betrachtung des Betriebs des Vereins und der §§ 21 f. BGB begründen könnten, und zur Wahl der GmbH zwingen würden, bejaht der BGH zutreffend nicht. Wenn Wahlmöglichkeiten bestehen, dürfen die Protagonisten die Rechtsform wählen, die ihnen für ihr bürgerschaftliches Engagement treffend erscheint. Im Übrigen darf darauf hingewiesen werden, dass neben dem eingetragenen Verein als Träger von Unternehmen in Verfolgung ideeller Zwecke auch die gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts steht, auf die § 21 BGB nicht anwendbar ist (vgl. § 86 BGB).
Die zentrale Bedeutung der Besprechungsentscheidung und der parallelen Beschlüsse des Senats liegen darin, dass der eingetragene Verein danach „die Mittel in der erforderlichen Höhe zur Verwirklichung seiner ideellen Zwecke erwirtschaften darf“ (BGH, Besprechungsentscheidung Rn. 28) und ihm daher auch nicht verwehrt werden könne, seinen „ideellen Zweck unmittelbar mit seinen wirtschaftlichen Aktivitäten zu erfüllen“. Damit wird ein Nebenzweckprivileg als Vehikel im Ergebnis überflüssig, der Verein kann ein Unternehmen unterhalten, gerade um seinen gemeinnützigen Zweck zu verfolgen. Das ist klar und deutlich – und entspricht der Vereinspraxis und den Vereinssatzungen seit etlichen Jahrzehnten. Nicht übersehen werden darf in der Praxis übrigens, dass die gemeinnützigen Vereine ihr Vermögen bei Auflösung einer anderen im Gemeinwohl agierenden Organisation zuwenden und die Zuwendung dort an die Weiterverfolgung eines konkreten gemeinnützigen Zwecks binden.

D. Auswirkungen für die Praxis

I. Die Entscheidungsserie des BGH vom 16.05.2017 ist von ganz erheblicher Bedeutung für die Praxis der gemeinnützig tätigen Idealvereine mit operativen Geschäftsbetrieben. Eine gegenteilige Entscheidung hätte erhebliche Verwerfungen auf diesem Segment hervorgerufen. Sie können daher nach diesen Beschlüssen ihre Tätigkeit fortsetzen, ohne die Löschung befürchten zu müssen und ohne ggf. „vorauseilend“ eine Rechtsformänderung abzuwägen, wie in der Literatur angeregt wird.
II. Mit Zwade (jurisPR-BGHZivilR 13/2017 Anm. 1) ist festzuhalten, dass der Gesellschaftsrechtssenat das bürgerschaftliche Engagement erheblich gestärkt hat und zwar durch Herbeiführung von Rechtssicherheit auf einem wichtigen Gebiet. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement und zum Bürokratieabbau von Genossenschaften“ führt zu einer Änderung des § 22 BGB, ändert aber nichts an den Fragen des § 21 zum Idealverein, namentlich nicht § 22 Abs. 2 BGB-RegE n.F., der eine Verordnungsermächtigung für das BMJV vorsieht, kleineren wirtschaftlichen Vereinen erleichtert Rechtsfähigkeit zuzuerkennen (BT-Drs. 18/11506 v. 13.03.2017, S. 5; vgl. dazu auch Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, § 21 Rn. 12 ff., wonach man § 22 BGB-RegE am 26.06.2017 zurückgezogen habe). Der Gesetzentwurf sieht im Übrigen vor, die Gründung „unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement“ zu erleichtern. Als Beispiele werden dort genannt „Dorfläden, Kitas, altersgerechtes Wohnen und Energievorhaben“ in einer „geeignete[n] Unternehmensform im Genossenschafts- oder Vereinsrecht“ (BT-Drs. 18/11506, S. 1). Durch die Beschlüsse des BGH ist die Neustruktur des Vereinsrechts insoweit nicht mehr zwingend.