Mit heute veröffentlichtem Urteil vom 23.09.2015 (Az. 10 K 4079/14 F) hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass der ermäßigte Steuersatz für Betriebsaufgabegewinne (sog. Fünftelregelung) auch dann Anwendung findet, wenn für den Teil des Gewinns, der auf die Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils entfällt, eine steuerfreie Rücklage gebildet wird.
Geklagt hatte der Gesellschafter einer GbR, die ein Grundstück an eine GmbH verpachtet hatte, zu deren Gesellschaftern ebenfalls der Kläger gehörte. Nach den Grundsätzen der sog. Betriebsaufspaltung gehörten das Grundstück und die GmbH-Beteiligung zum (Sonder-) Betriebsvermögen. Im Streitjahr wurde die GbR aufgelöst und der Kläger veräußerte seine GmbH-Beteiligung. Für den Teil des hierdurch entstandenen Betriebsaufgabegewinns, der auf die GmbH-Beteiligung entfiel, bildete der Kläger eine gewinnmindernde Rücklage und beantragte für den verbleibenden Gewinn die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, was das Finanzamt ablehnte.
Der 10. Senat des Finanzgerichts Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Die Rücklagenbildung stehe, so der Senat, der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den verbleibenden Teil des Aufgabegewinns nicht entgegen, denn der anteilige Gewinn aus der Veräußerung der GmbH-Beteiligung werde nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung ohnehin nicht ermäßigt besteuert. Zu einer „Doppelbegünstigung“ durch Anwendung des ermäßigten Steuersatzes einerseits und Bildung einer steuerfreien Rücklage andererseits könne es deshalb nicht kommen.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.