Nachfolgend ein Beitrag vom 25.5.2016 von Boche, jurisPR-HaGesR 5/2016 Anm. 1

Leitsätze

1. In der beim Erwerb einer Mehrheit von Geschäftsanteilen an einer GmbH in dem Kaufvertrag aufgenommenen Zusicherung, dass der Jahresabschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zutreffend darstellt, ist eine so genannte harte Bilanzgarantie zu sehen, die kein begrenzendes subjektives Element enthält.
2. Auf Grund dieser Garantie ist der Erwerber so zu stellen, als habe er die tatsächliche ungünstigere Ertragslage der Gesellschaft gekannt und möglicherweise einen geringeren Kaufpreis verhandelt. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in dem Sinne, dass die Bilanz aufzufüllen ist, steht ihm hingegen nicht zu.

Orientierungssätze zur Anmerkung

1. Wird bei einem Mehrheitserwerb von GmbH-Geschäftsanteilen auch zugesichert, dass der Jahresabschluss zum maßgeblichen Stichtag ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt, so ist unter Anwendung allgemeiner Auslegungsgrundsätze hierin regelmäßig eine sog. „harte“ Bilanzgarantie zu sehen, die typischerweise kein (begrenzendes) subjektives Element enthält.
2. Ergibt die Auslegung, dass eine solche Bilanzgarantie, die für die Kaufentscheidung maßgeblichen Faktoren verbindlich festlegen soll, so ist der Erwerber so zu stellen, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, einen günstigeren Kaufpreis zu vereinbaren. Ein Bilanzauffüllungsanspruch steht dem Erwerber nicht zu.

A. Problemstellung

Unternehmenskaufverträge enthalten in der Regel sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtsfolgenebene ein eigenständiges Haftungsregime, das ausdrücklich von den gesetzlichen Regelungen des Kaufrechts nach den §§ 433 ff. BGB abweicht. Im Hinblick auf den operativen Geschäftsbetrieb des Zielunternehmens gibt der Verkäufer selbstständige und verschuldensunabhängige Garantieerklärungen nach § 311 BGB ab. Für den Fall dass diese Garantien unzutreffend sind, wird ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz, der sich an den Regelungen des §§ 249 ff. BGB orientiert, vereinbart.
Das OLG Frankfurt setzt sich sowohl mit der Auslegung einer in der Praxis typischen Formulierung der Jahresabschlussgarantie als auch mit den Rechtsfolgen ihrer Unrichtigkeit auseinander. Die in der Urteilsbegründung getroffenen Aussagen tragen insoweit zur Rechtssicherheit bei und sollten künftig bei der Gestaltung der diesbezüglichen Regelungen in Unternehmenskaufverträgen berücksichtigt werden.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

I. Sachverhalt
Die Klägerin wendete sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Kaufvertrag über Geschäftsanteile an der Zielgesellschaft, die sie von der Beklagten erworben hat. Der nach dem Kaufvertrag für die Geschäftsanteile zu entrichtende Kaufpreis betrug 675.000 Euro. Darüber hinaus verpflichtete sich die Klägerin zur Rückzahlung von Darlehen, die die Beklagte der Zielgesellschaft gewährt hatte, bis zu einem Höchstbetrag von 185.000 Euro. Der nach einer zum 31.01.2009 fälligen und von der Klägerin geleisteten Teilzahlung in Höhe von 650.000 Euro verbleibende Betrag (Restkaufpreis und Darlehen) war in drei gleichen Jahresraten ab dem 30.12.2009 zu leisten. Wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises und der Rückzahlung der Darlehen hatte sich die Klägerin im Rahmen des Kaufvertrages der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen.
Der Kaufvertrag enthielt verschiedene Garantieerklärungen der Beklagten, u.a. die Bestätigung, dass der Jahresabschluss der Zielgesellschaft für das Geschäftsjahr 2007 mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften erstellt worden sei und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittle. Für den Fall, dass die Garantieerklärungen unzutreffend sein sollten, war die Käuferin durch Schadensersatz in Geld so zu stellen, wie sie oder die Gesellschaft stehen würde, wenn die entsprechende Garantie zutreffend wäre.
Die Klägerin ließ den Jahresabschluss 2007 überprüfen und kam im Laufe des Jahres 2009 zu dem Ergebnis, dass die Bilanz unvollständig sei und gegen handelsrechtliche Ansatz- und Bewertungsvorschriften verstoße. Statt des bilanzierten Gewinnes in Höhe von 178.389,96 Euro sei von einem Jahresfehlbetrag in Höhe von 29.141,84 Euro auszugehen. Abzüglich einer ermittelten Steuerentlastung in Höhe von 39.410,00 Euro stünden ihr daher mindestens 138.979,96 Euro als Schadensersatz zu. Diesen Anspruch konkretisierte sie im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens anhand der einzelnen Bilanzpositionen und machte zudem einen weiteren Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit dem arglistig verschwiegenen Mangel an einem zum Vermögen der Zielgesellschaft gehörenden Kran geltend, so dass der gesamte geltend gemachte Schaden nach dem Vortrag der Klägerin mindestens 191.015,57 Euro betrug. Der im Wege der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte geltend gemachte Betrag sei mit einer weiteren Zahlung in Höhe von 18.984,43 Euro zum Jahresende 2009 beglichen und in der darüber hinausgehenden Höhe durch Aufrechnung mit diesen Schadensersatzansprüchen erloschen.
Das Landgericht gab der Vollstreckungsabwehrklage in vollem Umfang statt (LG Limburg, Urt. v. 29.06.2012 – 1 O 28/10). Die Berufung der Beklagten hatte im Hinblick auf die Höhe der landgerichtlichen Schadensberechnung teilweise Erfolg. Im Ergebnis bestätigte das OLG Frankfurt jedoch, dass die von der Beklagten wegen der offenen Kaufpreisforderung aus dem Kaufvertrag betriebene Zwangsvollstreckung aufgrund des Schadensersatzanspruches der Klägerin für unzulässig zu erklären war.
II. Auslegung der Bilanzgarantie
In seiner Begründung schließt sich das OLG Frankfurt zunächst der Auffassung des Landgerichts an, dass der Klägerin ein Schadensersatz wegen der Garantieverletzung dem Grunde nach zustand.
Mit der Garantie, der Jahresabschluss habe zum maßgeblichen Stichtag ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt, habe der Verkäufer eine sog. „harte“ Bilanzgarantie abgegeben. Nach dem Auslegungsmaßstab der §§ 133, 157 BGB sei daher davon auszugehen, dass der Verkäufer dafür einstehen sollte, dass der Jahresabschluss die tatsächlichen Verhältnisse objektiv vollständig und korrekt widerspiegelt. Das OLG Frankfurt führt insoweit aus, damit habe der Verkäufer auch für nicht bekannte Schulden und Eventualverbindlichkeiten bis zum Stichtag einzustehen, mögen diese auch nach subjektiven Kriterien unter Berücksichtigung der bilanzrechtlich erforderlichen Aufstellungssorgfalt nicht erkennbar gewesen sein und im Hinblick auf die Vermögenslage der Zielgesellschaft keine Verletzung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundlagen darstellen. Daher bestehe eine Einstandspflicht nicht nur für diejenigen unbekannten Schulden und nicht zurückgestellten Eventualverbindlichkeiten, die später zum Vorschein kommen und nach handelsrechtlichen Grundsätzen unbedingt bilanziell hätten ausgewiesen werden müssen, sondern auch für solche, die aufgrund der angewandten Sorgfalt bis zum Stichtag überhaupt nicht ersichtlich waren.
Unter Anwendung dieser Grundsätze ging das OLG Frankfurt von verschiedenen Verletzungen der Jahresabschlussgarantie durch fehlende oder unzureichende Rückstellungen für (latente) Steuern, Gewährleistungen, Rechtsanwalts-, Beratungs-, Personal- und Wartungskosten sowie verfrühte Teilgewinnrealisierungen für Bauleistungen aus.
III. Höhe des Schadensersatzanspruches
Das Landgericht hatte in der Vorinstanz den Schaden anhand des Vergleichs des in der Bilanz angesetzten Wertes zu dem vom Sachverständigen ermittelten Wert der beanstandeten Position ermittelt.
Demgegenüber besteht der Schaden nach Ansicht des OLG Frankfurt in der Wertdifferenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und einem hypothetisch erzielten niedrigeren Kaufpreis. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass eine solche Bilanzgarantie letztlich die für die Kaufentscheidung und insbesondere für die Kaufpreisfindung maßgeblichen Faktoren verbindlich festlegen soll, sei der Käufer bei einer Garantieverletzung so zu stellen, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Unternehmenskaufvertrag zu einem günstigeren Kaufpreis abzuschließen. Die ersatzfähige Wertdifferenz sei unter Berücksichtigung aller für den Erwerb maßgebenden Umstände, insbesondere unter Einbeziehung der in der Bilanzgarantie genannten Kriterien zu ermitteln und notfalls zu schätzen.
In Hinblick auf die konkrete Berechnung des Schadens führt das Gericht aus, dass der Käufer darlegen müsse, dass die festgestellten Bilanzierungsfehler unter Berücksichtigung aller in der Bilanzgarantie aufgeführten Bewertungsfaktoren zu einem geringeren Unternehmenswert führen konnten. Die aufgrund der Bilanzierungsfehler erforderlichen Korrekturen im Gewinn bzw. Eigenkapital seien allerdings nicht allein ausschlaggebend, da der Jahresüberschuss nur einen Anhaltspunkt für die Bewertung von Gesellschaftsanteilen durch den Kaufinteressenten sei, es also unklar bleibe, welcher Kaufpreis bei dem korrigierten bilanzmäßig ausgewiesenen Gewinn angemessen wäre. Im Wege der Mindestschätzung nimmt das Gericht dann aber ohne weitere Begründung einen Schaden in Höhe der Differenz des Jahresüberschusses abzüglich eines Abschlags von 20% an.

C. Kontext der Entscheidung

I. Hintergrund
Streitigkeiten über unzutreffende Garantieerklärungen werden in der Praxis zwischen den Parteien des Unternehmenskaufvertrages zumeist außerhalb der ordentlichen Gerichte geklärt. Zu den Fragen der Auslegung bestimmter Garantien und dem Umfang des Schadensersatzes im Falle einer Garantieverletzung existiert daher kaum Rechtsprechung. Gleichwohl haben diese Fragen eine hohe praktische Relevanz und sind bislang in der Literatur auch nicht geklärt.
Dies gilt insbesondere für die Jahresabschlussgarantie, häufig verkürzt als Bilanzgarantie bezeichnet, obwohl sie nicht allein zur Bilanz des Zielunternehmens, sondern auch den übrigen Bestandteilen des Jahresabschlusses Aussagen enthält. Zum einen werden die Verhandlungen über den Kaufpreis des Zielunternehmens häufig maßgeblich auf das im letzten Jahresabschluss des Zielunternehmens ausgewiesene operative Ergebnis gestützt. Zum anderen finden sich im Jahresabschluss zu den meisten operativen Bereichen des Geschäftsbetriebs ergebnisrelevante Positionen, so dass die Jahresabschlussgarantie im Verhältnis zu den spezielleren Garantien – etwa im Bereich der Arbeitnehmer – eine gewisse Auffangfunktion hat.
II. Auslegung der Jahresabschlussgarantie
Der Auslegung der streitgegenständlichen Garantie durch das OLG Frankfurt ist zuzustimmen.
Nach § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB hat der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln. Die Bezugnahme auf die „Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung“ enthält eine subjektive Begrenzung der objektiv richtigen Darstellung im Jahresabschluss: Sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und damit die spezielleren Bilanzierungsvorschriften beachtet, sind Abweichungen der tatsächlichen Verhältnisse vom vermittelten Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage unschädlich. Im Hinblick auf die Bildung von Rückstellungen oder Bilanzierung von Verbindlichkeiten bedeutet dies, dass nur die bei der Aufstellung des Jahresabschluss ersichtlichen Sachverhalte Berücksichtigung finden müssen.
Der Vorwurf, das OLG Frankfurt habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Parteien die getroffene Regelung im bilanzrechtlichen Sinne oder im reinen Wortsinne verstanden haben (Mehrbrey/Hofmeister, NZG 2016, 419, 420) ist daher unzutreffend. Ebenso wenig handelt es sich bei der Garantie im Wesentlichen um die gesetzliche Regelung des § 246 HGB, weswegen eine bilanzrechtlich einschränkende Auslegung geboten wäre (so aber Mehrbrey/Hofmeister, NZG 2016, 419, 420; Wächter, BB 2016, 711, 712). Der Wortlaut der durch das OLG Frankfurt beurteilten Garantie weicht gerade in dem entscheidenden Punkt der Bezugnahme auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung vom bilanzrechtlichen Haftungsmaßstab ab.
Verzichtet der Verkäufer – wie in der vom OLG Frankfurt beurteilten Garantieerklärung – bei Abgabe der Garantie zum Jahresabschluss auf die Einschränkung durch den subjektiven Maßstab „unter Beachtung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung“, ist mithin davon auszugehen, dass die Parteien übereinstimmend einen schärferen Haftungsmaßstab gewollt haben und der Verkäufer insbesondere auch für Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses nicht ersichtlich waren, haften wollte.
Allerdings ist davon auszugehen, dass auch im Rahmen einer „harten“ Bilanzgarantie keine Haftung für Positionen besteht, die nach den Bilanzierungsvorschriften des HGB nicht in den Jahresabschluss aufgenommen werden können, da diese für das bilanzielle Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft unerheblich sind.
III. Bilanzauffüllung und Kaufpreisdifferenz
Indem es für die Schadensberechnung nicht auf den unzutreffenden Wert der einzelnen Bilanzpositionen, sondern auf den insgesamt zu viel gezahlten Kaufpreis abstellt, führt das OLG Frankfurt die von der bisherigen Rechtsprechung begründete und in der Literatur weitgehend geteilte Auffassung fort. Der BGH hatte bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1977 Bedenken gegen den Schadensersatz im Wege der Bilanzauffüllung geäußert, da die Bewertung von Unternehmen durch Kaufinteressenten durch vielschichtige Erwägungen beeinflusst sei, die nicht zwingend in dem bilanzmäßig ausgewiesenen Gewinn oder Verlust ihr Abbild fänden (BGH, Urt. v. 25.05.1977 – VIII ZR 186/75 – NJW 1977, 1536, 1538).
Diesem Grundsatz ist zuzustimmen. Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, grundsätzlich den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige nach § 251 Abs. 1 BGB den Gläubiger in Geld zu entschädigen.
Der zum Ersatz verpflichtende Umstand ist gerade nicht die unzutreffende Erfassung bestimmter Bilanzpositionen im Rahmen des Jahresabschlusses als solches, sondern nach der typischen Systematik von Unternehmenskaufverträgen die Unrichtigkeit der diesbezüglichen Garantieerklärung des Verkäufers. Nach Abschluss des Kaufvertrages ist es dem Verkäufer unmöglich, die Richtigkeit der Garantieerklärung herzustellen. Insofern schuldet er Schadensersatz in Geld.
In Übereinstimmung mit den Ausführungen des BGH ist daher nach zutreffender Auffassung des OLG Frankfurt der Käufer grundsätzlich so zu stellen, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Unternehmenskaufvertrag zu einem günstigeren Kaufpreis abzuschließen. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass es nach dem BGH nicht auf den – hypothetischen und ohnehin kaum zu führenden – Nachweis ankommt, ob auch der Verkäufer sich damals mit einem Vertragsschluss unter diesen Bedingungen einverstanden erklärt hätte (BGH, Urt. v. 25.05.1977 – VIII ZR 186/75 – NJW 1977, 1536, 1538).
Der Käufer muss jedoch im Falle einer Verletzung der Jahresabschlussgarantie darlegen und beweisen, dass in Anbetracht der konkreten Unrichtigkeit des Jahresabschlusses ein niedrigerer Kaufpreis ermittelt worden wäre. Das OLG Frankfurt führt insoweit zutreffend aus, dass der Käufer seiner Darlegungs- und Beweislast nicht bereits dadurch genügt, dass er die Anwendung der Ertragswertmethode bei der Berechnung des Kaufpreises und die Auswirkungen der unzutreffenden Bilanzpositionen auf den im letzten Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn vorträgt. Wie das Gericht ausdrücklich festhält, ist der im letzten Jahresabschluss bilanziell ausgewiesene Gewinn nur einer von vielen verschiedenen Anhaltspunkten für die Beurteilung der Frage, welcher Kaufpreis angemessen gewesen wäre. Grundsätzlich dürfte es für den Käufer schwierig sein, zu argumentieren, ein niedrigerer Kaufpreis sei angemessen gewesen, wenn die Unrichtigkeit des Jahresabschlusses nur in einer – wenn auch bilanziell ergebnisrelevanten – unzutreffenden bilanziellen Darstellung bestand und keine Auswirkungen auf die tatsächliche wirtschaftliche Ertragskraft des Unternehmens hat.

D. Auswirkungen für die Praxis

I. Formulierung der Bilanzgarantie
Künftig wird der Verkäufer in den Vertragsverhandlungen noch mehr Wert auf die genaue Formulierung der Jahresabschlussgarantie legen müssen. Dem Argument, auch eine Garantie zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Zielgesellschaft, die nicht ausdrücklich durch subjektive Elemente eingeschränkt ist, sei vor dem Hintergrund der anwendbaren Bilanzierungsgrundsätze auf die subjektive Erkennbarkeit bilanzierungsfähiger Sachverhalte beschränkt, dürfte durch diese Entscheidung weitgehend die Grundlage entzogen sein.
Relevant ist die gerichtlich festgestellte Auslegung auch für die Versicherbarkeit der Formulierung im Rahmen von Transaktionsversicherungen, sog. Warranty & Indemnity-Versicherungen, die in den vergangenen Jahren zunehmend Bedeutung erlangt haben. Die entsprechende Versicherbarkeit einer Garantie hängt maßgeblich von der Überprüfung der Richtigkeit des Garantieinhalts in der Due Diligence ab. Im Hinblick auf die Jahresabschlüsse beschränken Versicherer zudem den Versicherungsschutz zumeist auf geprüfte Jahresabschlüsse. Die hier geprüfte Garantie geht zum einen über den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers, der sich am Wortlaut des § 264 HGB orientiert, hinaus. Zum anderen ist das Bestehen von nicht ersichtlichen Bilanzpositionen im Wege der Due Diligence gerade nicht überprüfbar. Eine entsprechend formulierte „harte“ Bilanzgarantie dürfte daher nicht ohne weiteres versicherbar sein.
II. Regelungen zum Schadensersatz im Unternehmenskaufvertrag
Die Entscheidung des OLG Frankfurt gibt einmal mehr Anlass, die im Unternehmenskaufvertrag regelmäßig recht knapp gehaltenen Regelungen zum Umfang des Schadensersatzes bei Garantieverletzungen zu überdenken.
In der Praxis haben sich bereits zahlreiche grundsätzlich interessengerechte Einschränkungen des Umfangs des Schadensersatzes zugunsten des Verkäufers in Abweichung von den §§ 249 ff. BGB, wie etwa der Ausschluss von entgangenem Gewinn oder der Ersatz interner Kosten, etabliert.
Aus Sicht des Käufers bieten jedoch, wie vorstehend aufgezeigt, weder der pauschale Hinweis auf die Anwendbarkeit der §§ 249 ff. BGB noch die dem Urteil des OLG Frankfurt zugrunde liegende Vereinbarung, der Käufer solle durch Schadensersatz in Geld so gestellt werden, wie er oder die Zielgesellschaft stehen würde, wenn die entsprechende Garantie zutreffend wäre, eine hinreichend verlässliche Grundlage für eine Schadensersatzberechnung. Es ist daher empfehlenswert, konkrete und leicht nachvollziehbare Schadensersatzberechnungen ausdrücklich im Unternehmenskaufvertrag zu vereinbaren. Dies bietet aus Sicht des Käufers auch den Vorteil, dass er im Streitfall die konkreten Grundlagen seiner Kaufpreisberechnung gerade nicht offenlegen muss. Er muss in den Verhandlungen dem Verkäufer lediglich plausibel machen, dass die vorgeschlagene Schadensersatzberechnung – etwa für Garantieverletzungen mit nachhaltigem Ergebniseffekt basierend auf den Ergebnis-Multiplikatoren, die dem Verkäufer im Rahmen des Kaufangebots kommuniziert wurden – interessengerecht ist.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Das OLG Frankfurt nimmt im Übrigen Stellung zur der Frage, ob § 442 BGB – wonach Ansprüche des Käufers ausgeschlossen sind, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel der Sache kannte bzw. grob fahrlässig nicht kannte – Anwendung findet, wenn die Parteien die dem Käufer zustehenden Ansprüche im Unternehmenskaufvertrag ausdrücklich und abschließend geregelt und weitergehende gesetzliche Ansprüche gerade ausgeschlossen haben. Sollten die gesetzlichen Vorschriften über die Gewährleistung gerade nicht zur Anwendung kommen, der Verkäufer vielmehr allein nach Garantiegrundsätzen haften, so ist nach zutreffender Ansicht des OLG Frankfurt davon auszugehen, dass auch die Regelung des § 442 BGB in diesem Zusammenhang keine Geltung haben sollte.