Orientierungssatz:

Sind die Mehrheitsgesellschafter einer Besitz-GbR nicht vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit und ist es ihnen damit rechtlich nicht möglich, das besonders bedeutsame Vermietungsverhältnis mit der Betriebs-GmbH ohne Zustimmung des Minderheitsgesellschafters zu beherrschen, ist die zur Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einkünfte der Klägerin aus der Vermietung eines mit einem Bürogebäude und einer Lagerhalle bebauten Grundstücks gewerblich sind, weil zwischen ihr und der Mieterin eine Betriebsaufspaltung zu bejahen ist. Streitig ist dabei allein das Vorliegen der für die Bejahung einer Betriebsaufspaltung erforderlichen „personellen Verflechtung“.

Die Klägerin ist eine am … Juni 2005 gegründete Vermietungsgesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR –, an der seit Gründung bis in die Streitjahre folgende Personen beteiligt waren:

A33 %
B33 %
C33 %
D1 %

§ 8 des Gesellschaftsvertrages vom 1. September 2005 enthält hinsichtlich der Geschäftsführung folgende Regelung (Zitat):

»(1) Zu geschäftsführenden Gesellschaftern werden A, B, und C bestellt. Die Geschäftsführer unterliegen den Weisungen der Gesellschafterversammlung.

(2) Jeweils 2 geschäftsführende Gesellschafter vertreten die Gesellschaft gemeinsam.

(3) Die Gesellschafterversammlung kann jedem geschäftsführenden Gesellschafter Einzelvertretungsbefugnis übertragen und ihn von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien«.

§ 9 des Gesellschaftsvertrags enthält Regelungen über die Gesellschafterversammlungen, Gesellschafterbeschlüsse und das Stimmrecht. In § 9 Abs. 1 und 7 des Gesellschaftsvertrags ist geregelt, dass die Gesellschafter über die ihnen nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Angelegenheiten durch Beschlüsse, die in Gesellschafterversammlungen gefasst werden, entscheiden und dass alle Beschlüsse ausnahmslos einstimmig zu fassen sind (Einstimmigkeitsprinzip).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen (Bl. 4 ff. Prozessakte).

Neben der Klägerin existierte eine Betriebsgesellschaft mit der Firma M GmbH – im Folgenden GmbH –, an der die Mehrheitsgesellschafter der Klägerin wie folgt beteiligt waren:

A1/3
B1/3
C1/3

Auch in dieser Gesellschaft waren die Herren A, B, und C zu Geschäftsführern bestellt.

Mit einem undatierten Mietvertrag vermietete die Klägerin an die GmbH ein in der P-Straße … in R, belegenes Bürogebäude mit 12 Stellplätzen für eine monatliche Nettomiete i.H.v. 3.472 €. Das Mietverhältnis begann am 1. Oktober 2007 und endet am 30. September 2018. Der Vertrag enthält in § 3 Nr. 1c eine nur teilweise ausgefüllte und daher in ihrem Regelungsgehalt nicht näher bestimmbare Verlängerungsoption, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Hinsichtlich der bis zum Vertragsende 2018 anstehenden Mietanpassungen ist in § 7 des Vertrages geregelt, dass die Grundmiete sich wie folgt erhöht:

ab 1. Oktober 2008um 2,5 %auf 3.558,80 €
ab 1. Oktober 2009um 2,5 %auf 3.647,77 €
ab 1. Oktober 2010um 2,5 %auf 3.738,96 €
ab 1. Oktober 2011um 2,5 %auf 3.832,44 €
ab 1. Oktober 2012um 2,5 %auf 3.928,25 €
ab 1. Oktober 2013um 2,5 %auf 4.026,45 €
ab 1. Oktober 2014um 2,5 %auf 4.127,11 €
ab 1. Oktober 2015um 2,5 %auf 4.230,29 €
ab 1. Oktober 2016um 2,5 %auf 4.428,30 €
ab 1. Oktober 2017um 2,5 %auf 4.539,00 €

Der Mietvertrag war auf Seiten der Klägerin von den Gesellschaftern B und A und auf Seiten der GmbH von den Gesellschaftern C und A unterzeichnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag in der Vertragsakte verwiesen.

Mit einem weiteren undatierten Mietvertrag vermietete die Klägerin zwei ebenfalls in der P-Straße … in R, belegene Hallen mit Sozialräumen und Außenlager für eine monatliche Nettomiete i.H.v. 6.306,10 € an die GmbH. Das Mietverhältnis begann am 1. Juli 2007 und sollte am 30. Juni 2018 enden. Auch dieser Vertrag enthielt unter § 3 Nr. 1c eine ebenfalls nur teilweise ausgefüllte und daher in ihrem Regelungsgehalt nicht näher bestimmbare Verlängerungsoption, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. In § 7 des Vertrages ist auch hier geregelt, dass die Grundmiete sich wie folgt erhöht:

ab 1. Juli 2008um 2,5 %auf 6.464 €
ab 1. Juli 2009um 2,5 %auf 6.625 €
ab 1. Juli 2010um 2,5 %auf 6.790 €
ab 1. Juli 2011um 2,5 %auf 6.960 €
ab 1. Juli 2012um 2,5 %auf 7.134 €
ab 1. Juli 2013um 2,5 %auf 7.312 €
ab 1. Juli 2014um 2,5 %auf 7.495 €
ab 1. Juli 2015um 2,5 %auf 7.682 €
ab 1. Juli 2016um 2,5 %auf 7.874 €
ab 1. Juli 2017um 2,5 %auf 8.070 €

Auch dieser Mietvertrag war auf Seiten der Klägerin von den Gesellschaftern B und A und auf Seiten der GmbH von den Gesellschaftern C und A unterzeichnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag in der Vertragsakte verwiesen.

In ihren Feststellungserklärungen für die Streitjahre erklärte die Klägerin die aus den Mietverträgen erzielten Überschüsse als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Gewerbesteuererklärungen reichte sie im Hinblick auf diese Einordnung der Einkünfte nicht ein.

Aufgrund der oben dargestellten Beteiligungsverhältnisse und der bei beiden Gesellschaften erfolgten Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf die Mehrheits- bzw. Alleingesellschafter B, A und C erließ der Beklagte am 10. September 2012, 4. November 2013, 27. August 2012 und 18. Oktober 2013 Gewerbesteuermessbescheide für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011, Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes für die Veranlagungszeiträume 2009 und 2010 und einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für den Veranlagungszeitraum 2011, in denen er die von der Klägerin erzielten Überschüsse als gewerbliche Gewinne versteuerte bzw. feststellte. Dabei setzt der Beklagte die nachfolgenden, der Höhe nach zwischen den Beteiligten unabhängig von der Einordnung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder gewerbliche Gewinne anzusetzenden Überschüsse an:

2007172.184 €
200830.732 €
2009-38.025 €
201044.091 €
201151.104 €

Der im Vergleich zu den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen signifikant hohe Überschuss des Streitjahres 2007 resultierte aus einer Vorsteuererstattung i.H.v. 175.808,50 €. Die Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 lauteten auf 0 Euro. Für diese Streitjahre erließ der Beklagte die angefochtenen Bescheide über die Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste.

Gegen die vorgenannten Gewerbesteuermess- und Feststellungsbescheide legte die Klägerin am 12. Oktober 2012, 27. September 2012, 4. Dezember 2013 und 23. Oktober 2013 fristgerecht Einsprüche ein, die der Beklagte mit zwei Einspruchsentscheidungen vom 17. Juni 2014 hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide 2009 und 2010 mangels Beschwer (0-Bescheide) als unzulässig verwarf und im Übrigen als unbegründet zurückwies.

Zur Begründung führte er aus, hinsichtlich der 0 €-Festsetzungen fehle es der Klägerin an einer Beschwer, weil ein Steuerbescheid nur hinsichtlich der festgesetzten Steuer angefochten werden könne.

Der Sache nach liege eine Betriebsaufspaltung aufgrund sachlicher (– insoweit unstreitig –) und personeller Verflechtung der beiden Gesellschaften vor. Zwar sei eine Betriebsaufspaltung bei unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn das Einstimmigkeitsprinzip auch die laufende Verwaltung der vermieteten Wirtschaftsgüter und damit die so genannten Geschäfte des täglichen Lebens einschließe und für jedes Geschäft der GbR die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich sei. Im Streitfall gelte dieser Grundsatz jedoch nicht. Werde die gemeinschaftliche Geschäftsführung, die sich in der Einstimmigkeitsabrede ausdrücke, abbedungen und einem oder mehreren Geschäftsführern übertragen, seien damit die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 710 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB). Das bedeute, dass sie zwar bei gesellschaftsfremden Angelegenheiten mitwirken müssten, jedoch keinen Einfluss auf die Verwaltungsgeschäfte der GbR nehmen könnten. Hierzu gehörten nicht nur solche Geschäfte, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringe, sondern alle rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen, auch ungewöhnlicher Art (BFH-Urteil vom 1. Juli 2003, VIII R 24/01). Der Bundesfinanzhof – BFH – vertrete die Ansicht, dass auch die alleinige Geschäftsführungsbefugnis eines Gesellschafters die Beherrschung der Gesellschaft begründen könne, wenn sie die Möglichkeit zur Verfügung über das vermietete oder verpachtete Wirtschaftsgut einschließe. Solange einem nach § 710 BGB berufenen Gesellschaftergeschäftsführer die Geschäftsführungsbefugnis nicht aus wichtigem Grund entzogen sei, dürften die anderen Gesellschafter in Angelegenheiten der Geschäftsführung nicht tätig werden. Ihnen stünde auch kein Weisungs- oder Widerspruchsrecht für die vom Geschäftsführer getroffenen Maßnahmen zu.

Nach diesen Grundsätzen beherrschten die drei Mehrheitsgesellschafter die Klägerin, weil jeweils zwei gleichberechtigte Gesellschafter die täglichen Geschäfte führen dürften, so dass bei allen Entscheidungen mehr als 50 % der Stimmanteile vereint seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen vom 17. Juni 2014 verwiesen (Bl. 11 ff. und 21 ff. der Prozessakte).

Gegen die vorgenannten Einspruchsentscheidungen hat die Klägerin fristgerecht am 10. Juli 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, sie erziele Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und nicht aus Gewerbebetrieb. Die für eine Betriebsaufspaltung notwendige Voraussetzung der personellen Verflechtung liege nicht vor, weil in beiden Gesellschaften partiell unterschiedliche Gesellschafter beteiligt seien und das für die Klägerin geltende Einstimmigkeitsprinzip eine personelle Verflechtung ausschließe. Eine Betriebsaufspaltung sei zu verneinen, wenn eine einheitliche Willensbildung in der Betriebsgesellschaft und der Besitzgesellschaft nicht möglich sei. Das sei bei ihr durch den Gesellschafter D der Fall. Da bei ihr das Einstimmigkeitsprinzip gelte, sei die Möglichkeit einer einheitlichen Willensbildung in beiden Gesellschaften zu verneinen. Auch wenn ihre Mehrheitsgesellschafter zu Geschäftsführern berufen seien, unterlägen sie den Weisungen der Gesellschafterversammlung, die für alle Angelegenheiten ausnahmslos nach dem Grundsatz der Einstimmigkeit entscheide.

Von maßgeblicher Bedeutung sei überdies, dass die geschäftsführenden Gesellschafter nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit seien und daher keine Verträge mit sich selbst oder der von ihnen vertretenen GmbH schließen dürften. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 17. Juli 2014 verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte auf Nachfrage des Gerichts ergänzend vorgetragen, bei Herrn D handele es sich um den Vater des Herrn A. Herr D sei in die Besitzgesellschaft aufgenommen worden, um das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung zu vermeiden. Das habe jedoch nichts mit der Person des Herrn D zu tun, die Klägerin hätte auch jede sonstige Person als Minderheitsgesellschafter aufgenommen. Herr D sei bereit gewesen, das Engagement mit den hieraus resultierenden Chancen hinsichtlich der Rendite seines Kapitaleinsatzes insbesondere im Hinblick auf spätere stillen Reserven einerseits und den Gefahren hinsichtlich einer persönlichen Haftung andererseits einzugehen.

Die Klägerin beantragt,

  1. die Gewerbesteuermessbescheide 2007, 2008 und 2011 vom 10. September 2014 und 4. November 2013 sowie die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 und 2010 vom 27. August 2012 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2014 aufzuheben.
  2. Den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 2011 vom 8. Oktober 2013 unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2014 mit der Maßgabe zu ändern, dass statt Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt werden.
  3. Im Unterliegensfall, die Revision zuzulassen

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

im Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine ausführlichen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2014.

Gründe:

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin im Sinne des § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – in ihren Rechten.

Zu Unrecht hat der Beklagte die Einkünfte der Klägerin in den streitigen Gewerbesteuermessbescheiden, den Bescheiden über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und dem gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid als gewerbliche Gewinne angesetzt.

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist das Vorliegen einer dies rechtfertigenden Betriebsaufspaltung zu verneinen, weil es an einer Beherrschung der GmbH durch die Klägerin und damit an der zur Bejahung einer Betriebsaufspaltung erforderlichen personellen Verflechtung fehlt.

Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen. Der Beherrschungswille muss sich insbesondere auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlage beziehen. Dieses soll vor allem nicht gegen den Willen der Person oder der Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, aufgelöst werden können (BFH-Urteile vom 8. September 2011, IV R 44/07, BFHE 235, 231, BStBl II 2012, 136; vom 23. März 2011, X R 45/09, BFHE 233, 416, BStBl II 2011, 778). Keine personelle Verflechtung mit dem Betriebsunternehmen liegt vor, wenn an der Besitzgesellschaft neben der mehrheitlich bei der Betriebsgesellschaft beteiligten Person oder Personengruppe mindestens ein weiterer Gesellschafter beteiligt ist (sog. Nur-Besitzgesellschafter) und im Besitzunternehmen das Einstimmigkeitsprinzip gilt (BFH-Urteile vom 8. September 2011, IV R 44/07, BFHE 235, 231, BStBl II 2012, 136; vom 1. Juli 2003, VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757; FG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 2013 – 3 K 90/13 –, Rn. 80, juris). Danach wäre im Streitfall eine persönliche Verpflichtung und damit eine Betriebsaufspaltung zu verneinen.

Von diesem Grundsatz gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, allerdings eine Ausnahme, wenn im Gesellschaftsvertrag der Besitzgesellschaft die gemeinschaftliche Geschäftsführung abbedungen und einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen wurde. In einem solchen Fall sind die übrigen Gesellschafter nach § 710 BGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Das bedeutet, dass diese Gesellschafter zwar bei gesellschaftsfremden Angelegenheiten mitwirken müssen, dass sie aber keinen Einfluss auf die Verwaltungsgeschäfte nehmen können. Zu diesen Verwaltungsgeschäften gehört zumindest nach Begründung einer Betriebsaufspaltung auch die Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks durch das Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen, so dass z.B. dort, wo Träger des Besitzunternehmens eine Bruchteilsgemeinschaft ist, es für Maßnahmen im Rahmen der Vermietung und Verpachtung nicht der nach § 745 Abs. 3 Satz 1 BGB für ein Grundlagengeschäft erforderlichen Einstimmigkeit, sondern lediglich einer einfachen Mehrheit bedarf (BFH-Urteile vom 2. August 1972 IV 87/65, BFHE 106, 325, BStBl II 1972, 796; vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296). Solange einem nach § 710 BGB berufenen Gesellschafter-Geschäftsführer die Geschäftsführungsbefugnis nicht durch einstimmigen Beschluss der übrigen Gesellschafter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 712 BGB) entzogen ist, dürfen die anderen Gesellschafter in Angelegenheiten der Geschäftsführung nicht tätig werden. Sie haben weder ein Widerspruchsrecht gegen die von dem Geschäftsführer getroffenen Maßnahmen (vgl. hierzu Ulmer in MünchKomm, § 710 Rz. 6, m.w.N.) noch können sie diesem unter Hinweis auf § 713 i.V.m. § 665 BGB und das zwischen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer bestehende Auftragsverhältnis Weisungen erteilen. Ihr Stimmrecht beschränkt sich auf Beschlüsse in anderen als Geschäftsführungsangelegenheiten (Ulmer in MünchKomm, § 709 Rz. 28 und § 713 Rz. 6, m.w.N.; Erman/ Westermann, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., § 710 Rz. 3 und § 709 Rz. 19, 20).

Diese Grundsätze gelten nicht nur für einen beherrschenden Einzelgesellschafter, sondern auch für eine beherrschende Personengruppe. Denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der für die Begründung einer Betriebsaufspaltung erforderliche einheitliche Betätigungswille auch daraus folgen kann, dass eine solche Personengruppe unabhängig von der Beteiligungshöhe und den jeweiligen Stimmrechten ihrer Mitglieder gleichgerichtete Interessen verfolgt (BFH-Urteil in BFHE 106, 325, BStBl II 1972, 796 und ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteil vom 24. Februar 2000, IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417; BFH-Urteil vom 01. Juli 2003, VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757).

Obwohl unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze vorliegend eine personelle Verflechtung und damit eine Betriebsaufspaltung zu bejahen wäre, kommt der Senat aus den nachfolgenden Erwägungen zu einem gegenteiligen Ergebnis. Da es für den Senat nicht feststellbar ist, dass die Mehrheitsgesellschafter A, B und C von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit waren, war es ihnen ungeachtet der Tatsache, dass sie gewöhnliche Verwaltungsgeschäfte mit jedem Dritten ohne Rücksicht auf eine entgegenstehende Rechtsposition des Minderheitsgesellschafters D wirksam durchführen konnten, im Bereich des für die Bejahung einer personellen Verflechtung besonders bedeutsamen Vermietungsvertrags mit der GmbH rechtlich nicht möglich, das Rechtsverhältnis ohne Zustimmung des Minderheitsgesellschafters zu beherrschen. Denn nach § 181 BGB darf ein Vertreter, sofern ihm nicht ein anderes gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Das gilt auch in Fällen der „Mehrheitsvertretung“, in denen der oder die Vertreter auf der einen Seite des Rechtsgeschäfts als einer von mehreren Vertretern auftreten, denen gemäß § 709 BGB die gemeinschaftliche Geschäftsführung zusteht. Denn die für die Anwendbarkeit des § 181 BGB erforderliche Personenidentität der sich gegenüberstehenden Parteien des Rechtsgeschäfts kommt grundsätzlich nicht nur bei Einzelvertretung, sondern auch in Fällen der Gesamtvertretung in Betracht (BGH-Urteil vom 8. Oktober 1991, XI ZR 46/90 4, NJW 1992, 618, Staudinger/Schilken, BGB, 2014, § 181, Rn. 15; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17. Februar 2016, 4 A 961/14, NV – juris).

Unter Beachtung der Einschränkungen des § 181 BGB beherrschten die Mehrheitsgesellschafter A, B und C ungeachtet der ihnen grundsätzlich zustehenden Geschäftsführungsbefugnis im Streitfall daher aus rechtlichen Gründen das für die Bejahung einer personellen Verflechtung bedeutsame Vermietungsverhältnis mit der GmbH nicht. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Rechtsstreit von dem Sachverhalt, den der BFH im Urteil vom 1. Juli 2003, VIII R 24/01, BStBl II, 2003, 757 zu entscheiden hatte. Denn ausweislich des erstinstanzlichen Urteils dieses Rechtsstreits waren dort die Mehrheitsgesellschafter von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Der Senat kann auch nicht feststellen, dass der Minderheitsgesellschafter D die Mehrheitsgesellschafter konkludent von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit hat. Eine solche Befreiung ergibt sich – als einzig in Betracht kommende Möglichkeit – insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der Minderheitsgesellschafter dem Abschluss des Mietvertrages zwischen den Geschäftsführern der Klägerin und der GmbH und damit der Begründung einer möglichen Betriebsaufspaltung nicht widersprochen hat. Hierin ist keine konkludente Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für den weiteren Verlauf dieses Dauerrechtsverhältnisses zu sehen.

Der Beschluss, die geschäftsführenden Gesellschafter von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, kann auch durch schlüssiges Verhalten gefasst werden. Demgemäß kann in Fällen, in denen die Gesellschafterversammlung in einen Vertrag der Gesellschaft mit ihrem Geschäftsführer einwilligt und dabei für künftige Vertragsänderungen, obwohl hierfür ein Bedürfnis vorauszusehen ist, keine Vorsorge trifft, nach Lage des Einzelfalles auch für die Zukunft von einer konkludenten Befreiung von den Schranken des § 181 BGB auszugehen sein (BGH-Urteil vom 22. September 1980, II ZR 271/79, WM 1980, 1851, mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil durch die von vornherein vereinbarte Staffelmiete beider Vermietungsverhältnisse bis ans Ende der Laufzeit des Vertrages (2018) durchgeregelt waren. Ein Bedürfnis für eine Vertragsänderung war nach Abschluss der Mietverträge für den normalen Verlauf der Dinge nicht erkennbar.

Für den Senat ist erst recht nicht feststellbar, dass der Minderheitsgesellschafter D die Mehrheitsgesellschafter für ungewöhnliche Vertragsänderungen konkludent von der Beschränkung des § 181 BGB befreit hat. Nach der Gerichtserfahrung des Senats können insbesondere wirtschaftliche Schwierigkeiten bei der Betriebsgesellschaft zu ungewöhnlichen Vertragsänderungen führen, weil die an der Betriebsgesellschaft beteiligten Mehrheitsgesellschafter in wirtschaftlich schlechten Zeiten ein Interesse an einer Aussetzung oder Reduzierung der Mietzahlungen haben. Dass der Minderheitsgesellschafter D, der im Außenverhältnis als BGB-Gesellschafter zu 100 % für alle Schulden der Klägerin haften muss, die Mehrheitsgesellschafter für solche Geschäfte konkludent von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit hätte, lässt sich anhand belastbarer Tatsachen nicht feststellen.

Der Senat kann auch keine faktische Beherrschung feststellen, die es den Mehrheitsgesellschaftern A, B und C ermöglicht hätten, den Minderheitsgesellschafter D unter Außerachtlassung der rechtlichen Beschränkungen des § 181 BGB zur Zustimmung ihm unliebsamer Beschlüsse zwingen zu können.

In besonders gelagerten Fällen kann auch eine tatsächliche Machtstellung, die durch den Alleingesellschafter oder die Mehrheitsgesellschafter der Betriebsgesellschaft in der Besitzgesellschaft ausgeübt wird, ausreichen, eine personelle Verflechtung im Sinne der Rechtsprechung über die Betriebsaufspaltung zu bejahen. Das setzt voraus, dass sich der oder die nur an der Besitzgesellschaft beteiligten Gesellschafter dem Druck der beherrschenden Gesellschafter aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen unterordnen müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999 VIII R 50, 51/96, VIII R 50/96, VIII R 51/96, BFH/NV 2000, 601 mit weiteren Nachweisen). Solche Anhaltspunkte bestehen im Streitfall nicht. Allein die verwandtschaftliche Beziehung, die überdies nur zwischen den Gesellschaftern D und A bestand, genügt für eine solche Annahme ebenso wenig wie das jahrelange konfliktfreie Zusammenwirken der Gesellschafter in der Besitzgesellschaft (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999 VIII R 50, 51/96, VIII R 50/96, VIII R 51/96, BFH/NV 2000, 601).

Schließlich sieht der Senat in der gewählten Vertragsgestaltung auch keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO. Ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO liegt vor, wenn der Steuerpflichtige eine rechtliche Gestaltung wählt, die der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonstige beträchtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Davon ist auszugehen, wenn die Gestaltung gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist. Eine Rechtsgestaltung ist unangemessen, wenn verständige Beteiligte die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht gewählt hätten (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999 VIII R 50, 51/96, VIII R 50/96, VIII R 51/96, BFH/NV 2000, 601 mit weiteren Nachweisen).

Nach Auffassung des Senats ist weder für die Aufnahme des Minderheitsgesellschafters D noch für die Vereinbarung des Einstimmigkeitsprinzips bei der Klägerin ein Gestaltungsmissbrauch zu sehen. Hinsichtlich des Einstimmigkeitsprinzips ergibt sich das bereits aus § 709 BGB, der das Einstimmigkeitsprinzip für Gesellschaften bürgerlichen Rechts als gesetzliche Grundkonzeption vorsieht. Das Festhalten der Klägerin an einer solchen, den Wertungen des Gesetzgebers entsprechenden Regelung kann nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

Auch der Umstand, dass die Klägerin den Gesellschafter D mit einem „Zwerganteil“ von 1 % überhaupt beteiligt hat, um hierdurch eine Betriebsaufspaltung zu vermeiden, stellt keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Den Gesellschaftern einer GbR steht es im Hinblick auf Finanzierungs- und/oder Haftungsfragen frei, beliebig viele Gesellschafter, die bereit sind, das wirtschaftliche Engagement unter Inkaufnahme einer etwaigen 100-prozentigen Haftung für die Gesellschaftsschulden einzugehen, aufzunehmen. Der Senat sieht in der Beteiligung eines solchen Minderheitsgesellschafters einen zulässigen, die Grenze eines Rechtsmissbrauchs noch nicht überschreitenden Gebrauch des Rechts, selbst wenn dies dazu dient, eine Betriebsaufspaltung zu vermeiden (ebenso wohl BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999 VIII R 50, 51/96, VIII R 50/96, VIII R 51/96, BFH/NV 2000, 601 mit weiteren Nachweisen).

Die Revision war zuzulassen. Sowohl die Frage, ob in Fällen der Geschäftsführungsübertragung auf einzelne oder mehrere sowohl an der Besitzgesellschaft als auch an der Betriebsgesellschaft beherrschend beteiligte Gesellschafter eine nicht ausdrücklich oder konkludent erklärte Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB einer Betriebsaufspaltung entgegensteht, als auch die Frage, ob hierin eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung zu sehen ist, hat grundsätzliche Bedeutung und bedarf zur Fortbildung des Rechts einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.